AFRIKA/ÄGYPTEN - Militär und Polizei räumen Tahrir-Platz: unter den Demonstranten sind verschiedene Positionen vertreten

Dienstag, 2 August 2011

Kairo (Fidesdienst) – Militär und Polizei räumten den Tahrir-Platz, jenen Ort, der zum Symbol der ägyptischen Revolution wurde. Dabei wurden rund einhundert Menschen festgenommen. Die Demonstranten hatten sich seit mehreren Tagen auf dem Platz versammelt und forderten Gerechtigkeit für die Menschen, die bei den Protesten im Januar und Februar dieses Jahres ums Leben kamen, die zum Sturz des Regimes unter Hosni Mubarak geführt hatten, gegen den morgen ein Prozess eröffnet werden wird. Am vergangenen Freitag, den 29. Juli, hatten Muslimbrüder und Salafiten zu einer Demonstration aufgerufen.
„Es wurden die beiden vorherrschenden Tendenzen der politischen Debatte in Ägypten sichtbar“, so der italienische Comboni Missionar Pater Luciano Verdoscia, der selbst auf dem Platz anwesend war, zum Fidesdienst. „Auf der einen Seite gibt es diejenigen, die einen säkularen Staat fordern, in dem die Rechte aller Bürger unterschiedslos garantiert werden, auf der anderen Seite stehen diejenigen, die einen islamischen Staat wollen“. Dabei betont Pater Luciano, dass Letztere „immer in einer Art Monokultur gelebt haben. Die vorherige Regierung hat nichts dafür getan, dass es zu einer Änderung der Mentalität beim Großteil der Bevölkerung hätte kommen können, der nur den Islam kennt. Es gibt auch gebildete Personen, Ingenieure und Anwälte, die diese von der Religion geprägte Identität übernommen haben“.
Dies bedeute jedoch nicht, dass nicht auch andere Positionen vertreten seien. „Am vergangenen Freitag waren vor allem Anhänger der Muslimbrüder und Salafiten auf dem Platz. Doch es waren auch Christen aus Alexandria anwesend, die Gerechtigkeit für die Opfer des Attentats auf die Kirche vom 31. Dezember forderten, bei dem Dutzende Menschen ums Leben kamen (vgl. Fidesdienst 03/01/2011). „Es waren Vertreter aller Komponenten der ägyptischen Gesellschaft anwesend, doch es kam nicht zu Unruhen, der Tag verlief friedlich. Die Salafiten forderten in ihren Sprechchören einen von der Religion geprägten Staat“.
Zu den Beziehungen zwischen Muslimbrüdern und Salafiten sagt Pater Luciano: „Unter den Muslimbrüdern sind verschiedene Positionen vertreten. Es gibt Gruppen, die den Salafiten nahe stehen und andere, die ihnen eher fern sind. Alle wollen eine islamische Regierung, doch man ist sich nicht einig, was die Umsetzung anbelangt. Salafiten fordern eine strenge Auslegung der islamischen Überlieferung und beziehen sich auf die Anfänge der islamischen Geschichte und die Überlieferung des Propheten. In ihren Positionen lehnen sie Modernität ab, im Gegenteil zu den Muslimbrüdern, die offener sind und versuchen, Tradition mit der heutigen Kultur zu vereinbaren“ (LM) (Fidesdienst, 02/08/2011)


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