ASIEN/PAKISTAN - Öffentliche Debatte über ein eventuelles Moratorium zum Blasphemiegesetz

Freitag, 25 Februar 2011

Islamabad (Fidesdienst) – Ein eventuelles Moratorium für die Umsetzung des so genannten Blasphemiegesetzes in Pakistan ist derzeit Gegenstand einer öffentlichen Debatte in Pakistan. Begrüßt wird ein solches Moratorium von Intellektuellen, Journalisten, Wissenschaftlern auch aus anderen Ländern unterstützt. Muslimische Menschenrechtsaktivisten in Pakistan bezeichnen den Vorschlag im Gespräch mit dem Fidesdienst als „gut und interessant“.
Mehdi Hasan, Vorsitzender der „Kommission für Menschenrechte in Pakistan“ sagt im Gespräch mit dem Fidesdienst: „Wir befürworten ein Moratorium zum Blasphemiegesetz, doch offizielle fordern wir weiterhin die Abschaffung. Es sollte daran erinnert werden, dass es von 1986 in Pakistan kein Anklagen wegen Blasphemie gab und in den darauf folgenden 20 Jahren rund 1.000 solcher Anklagen registriert wurden. Insgesamt 70 Menschen, die auf der Grundlage des Blasphemieparagraphen verurteilt wurden, wurden hingerichtet. Zwei konkrete Vorschläge, die diesen Missbrauch verhindern können, haben wir bereits formuliert: nur hochrangige Polizeibeamte dürfen eine Anzeige wegen Blasphemie entgegennehmen, eventuelle Verfahren werden direkt vom Hohen Gericht verhandelt, damit die oft unter Druck stehenden erstinstanzlichen Gerichte übersprungen werden. Wir wünschen uns, dass eine Debatte zum Vorschlag eines Moratoriums auf der Ebene der Wissenschaftler, Juristen, Politiker und Intellektuellen stattfindet und nicht von militanten Aktivisten auf den Plätzen ausgetragen wird“.
Die Vertreterin der All Pakistan „Minorities Alliance in Punjab“, die Christin Najmi Saleem erklärt gegenüber dem Fidesdienst: „Unser Ziel ist es, den Missbrauch des Gesetzes zu stoppen, von dem vor allem christliche Minderheiten betroffen sind. Wenn das Moratorium dabei nützlich sein kann, dann begrüßen wir es. Doch wir sind der Meinung, dass das Gesetz geändert werden muss: dies fordern wir von der Regierung, obschon, angesichts der Spannungen und der ungünstigen Voraussetzungen, noch viel Zeit vergehen wird. Wir hoffen, dass das Engagement des Minderheitenministers, Shahbaz Bhatti, in diesem Sinn positive Ergebnisse erzielen wird.“
P. Mario Rodrigues, Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke in Pakistan betont im Gespräch mit dem Fidesdienst, dass „das Gesetz zur Blasphemie auch als ‚schwarzes Gesetz’ bezeichnet wird. Heute werden Menschen, die sich dagegen wehren der Blasphemie beschuldigt und riskiert das Leben. Den Vorschlag eines Moratoriums begrüße ich: es würde dazu beitragen, dass neue Fälle dieser Art auf einem Lügengerüst entstehen. Doch ich glaube kaum, dass die Regierung so weit gehen wird“.
Haroon Barket Masih von der Masihi Foundation, die die Causa Asia Bibi betreut und sich um die Familie der zu Tode verurteilten Frau kümmert, sagt zum Fidesdienst: „Wir unterstützen diesen Vorschlag. Es wäre ein erster Schritt, um zu verhindern, dass das Gesetz weiteren Schaden anrichtet. Es hat bereits vielen Menschen geschadet und auch in Zukunft könnten weitere davon betroffen sein. Es scheint mir auch ein unter politischen Gesichtspunkten gut überlegter Schritt: mit einem zeitweiligen Moratorium könnte die Regierung gegenüber den radikalislamischen Gruppen die Position vertreten, dass das Gesetz weiter gültig ist, doch unterdessen Missbrauch und Instrumentalisierung verhindern.“
Nach Ansicht von Peter Jacob, Sekretär der Kommission für „Gerechtigkeit und Frieden“ der Pakistanischen Bischofskonferenz, ist diese Lösung „unter juridischen Gesichtspunkten nicht umsetzbar, da man Polizei oder den Justizbehörden nicht daran hindern kann, Ermittlungen aufzunehmen oder jemanden zu verfolgen, der ein Verbrechen begangen hat. Außerdem würden unschuldige Opfer, die sich in Haft befinden oder gegen die der Prozess noch läuft, nicht davon profitieren. Wir werden jedoch weiterhin an unserer Kampagne zur Abschaffung festhalten2.
In Italien befasste sich die Tageszeitung „Avvenire“ mit dem Thema. Professor Mobeen Shahid, ein aus Pakistan stammender Wissenschaftler und Dozent an der Päpstlichen Lateranuniversität begrüßt den Vorschlag: „DA es viele noch anhängige Verfahren gibt, in denen die Authentizität der Anklage zweifelhaft ist, glaube ich, dass das Oberste Gericht in Pakistan oder die Regierung ein Moratorium zu Verfahren, die sich auf den Art. 295 des Pakistanischen Strafrechts (der so genannte Blasphemieparagraph, Anm. d. Red.) beziehen akzeptieren könnte. (PA) (Fidesdienst, 25/02/2011)


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