ASIEN/SRI LANKA - Die Wurzeln eines ethnischen Konflikts, der im Land zu Blutvergießen geführt und die Wirtschaft geschwächt hat

Samstag, 10 Juli 2004

Colombo (Fidesdienst) - In der Republik Sri Lanka (ehemals Ceylon) herrscht seit 1984 ein Konflikt zwischen den beiden im Land lebenden Volksgruppen, den die Mehrheit stellenden Singhalesen (rund 74% der Bevölkerung) und den in der Minderheit lebenden Tamilen indischer Abstammung (13%). Rund 7% der Srilanker sind Muslime, die restlichen Einwohner sind Holländer oder Veddah, die nachweislich seit dem 3. Jahrhundert vor Christus auf der Insel lebenden Ureinwohner.

Die Geschichte eines Konflikts
Der ethnische Konflikts in Sri Lanka hat seine Wurzeln in der Geschichte der Insel: Inder uns Singhalesen stritten sich bis zur Kolonialzeit Jahrhunderte lang um das von Marco Polo als „schönste Insel der Welt“ bezeichnete Eiland. 1505 machte Portugal die Insel zum Anlege- und Handelsplatz für den Gewürzhandel. Danach kamen die Holländer und später die Engländer, die das damalige Ceylon 1815 eroberten. Unter britischer Herrschaft kamen viele Tamilen auf die Insel, die aus Südindien (Unionsstaat Tamil Nadu) als Saisonarbeiter in die Kaffee- und Teeplantagen kamen.
Auf Wunsch des britischen Königshauses blieben die Tamilen im Land und siedelten sich im Norden und Osten des Landes an, wo sie zu einer starken, von den Herrschern bevorzugten Minderheit heranwuchsen und bei den Singhalesen vor allem in der Erinnerung an die vergangenen Auseinandersetzungen mit Indien immer unbeliebter wurden.
Als die Insel Ceylon unabhängig wurde (1984) hatten so viele Widersprüche und so viel Hass angehäuft, dass es unweigerlich zu einer Eskalation kommen musste: Die Regierung unter Solomon Bandaranaike führte eine nationalistisch geprägte Politik ein und 1956 wurde Singhalesisch als Amtssprache eingeführt und der Buddhismus zur Staatsreligion gemacht. Nach ersten Versuchen der Öffnung gegenüber der tamilischen Minderheit wurde Bandamareike von einem buddhistischen Mönch ermordet (1959). Seine Frau, die bald darauf sein Amt übernahm, führte als erste Ministerpräsidentin der Welt seine Politik fort.

Erste illegale Gruppen in den 70er Jahren
In den 70er Jahren kamen die ethnischen Spannungen mit ihrer ganzen Heftigkeit zum Ausbruch. 1972 änderte die Regierung den Namen des Landes, das fortan nicht mehr Ceylon, sondern „Sri Lanka“ heißen sollte. Gleichzeitig wurde eine Reihe von Gesetzen verabschiedet, die äußerst nationalistisch geprägt waren, was dazu führte, dass die Minderheit sich ausgeschlossen fühlte. Daraufhin entstanden die ersten illegalen Guerillabewegungen (New Tamil Tiger) für die Befreiung des „Eelam“ (tamilischer Begriff für Vaterland). Seit 1976 gibt es die bewaffnete Bewegung Lieberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) unter Leitung von Vellupilai Prabahkaran, während die Tamilen auch auf politischer Ebene versuchen ihre Stimme laut zu machen: 1977 erhält die separatistische Tamilpartei alle Sitze in der Region Jaffna, der vorwiegend von Tamilen bewohnten Halbinsel im Norden des Landes.

Die 80er Jahre und die ethnischen Säuberungen
In den 80er Jahren weiteten sich die Auseinandersetzungen zu einem offenen Krieg aus: Die Regierung in Colombo unterdrückt die tamilische Minderheit derart, dass diese Unterdrück das Ausmaß ethnischer Säuberungen annimmt: 65.000 Tamilen verlassen die Insel und suchen Zuflucht in Indien, während es auch zu einer Zuspitzung des Konflikts mit der muslimischen Minderheit kommt und rund 100.000 Muslime ebenfalls das Land verlassen.

Die Strategie der Selbstmordattentate
Tamilische Separatisten entwickeln eine verheerend Strategie: eine zu allem entschlossene Guerillabewegung vereitelt jeden Versuch der Regierung, den Norden des Landes zu kontrollieren; zahlreiche Attentate, insbesondere auch Selbstmordattentate, versetzen vor allem die Hauptstadt Colombo in Angst und Schrecken.

Indische Vermittlungsversuche und der Mord an Gandhi
Nachdem sich die Tamilen die Kontrolle über einige Gebiete gesichert hatten, unternahm die indische Regierung Vermittlungsversuche, die jedoch von beiden Seiten heftig kritisiert wurden. Trotzdem bleiben indische „Peacekeeping“-Einheiten bis 1990 im Land. Infolge dieser Politik wurde der indische Ministerpräsident Rajiv Gandhi 1991 von einem tamilischen Selbstmordattentäter ermordet.

Die 90er Jahre und das Waffenstillstandsabkommen
Während der 90er Jahre spitzte sich der Konflikt weiter zu doch es werden auch Versuche unternommen, einen Frieden herbeizuführen. Dabei spielen Großbritannien und die Vereinigten Staaten eine wichtige Rolle. Seit 2000 versucht Norwegen im Konflikt zwischen Singhalesen und Tamilen zu vermitteln: 2002 kann Oslo ein historisches Waffenstillstandsabkommen erwirken, das bis heute in Kraft ist.
Unterdessen führte der Konflikt vor allem durch den Einbruch im Fremdenverkehrssektor zu einer weiteren Schwächung der Wirtschaft des Landes, die seit 2001 rückläufige Daten verzeichnet. Bei dem Konflikt in Sri Lanka starben insgesamt 65.000 Menschen, rund 1 Million Menschen mussten ihre Heimatdörfer verlassen. (PA) (Fidesdienst, 10/7/2004 - 71 Zeilen, 698 Worte)


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