ASIEN/MALAYSIA - Religiöse Minderheiten: Diskriminierung und Widersprüche im Rechtssystem

Mittwoch, 13 Januar 2010

Rom (Fidesdienst) – Religiöse Minderheiten werden in Malaysia zwar nicht verfolgt, doch immer wieder kommet es zur Diskriminierungen und Einschränkungen der Religionsfreiheit. Die malaiische Gesellschaft besteht zu großen Teilen aus ethnischen Malaien, die sich als „bekennende Muslime betrachten, die Sprache des Landes sprechen und dessen Kultur vertreten“. Insgesamt 50% der rund 28 Millionen Einwohner Malaysias sind Muslime, davon die meisten ethnische Malaien. Unter den ethnischen Minderheiten des Landes (Inder und Chinesen) sind verschiedene Religionen vertreten: Christen (8%, davon 900.000 Katholiken), Buddhisten (7%), Hindus (7%), Anhänger von Stammeskulturen (25%) und andere (5%).
Konvertiert ein Muslim zu einer anderen Religion muss er auf viele Rechte verzichten. Der Streit um die Begriffsverwendung „Allah“ zeigt auf, wie weit in der Politik des Landes die Diskriminierung und die rechtliche Einschränkung religiöser Minderheiten gehen können.
„In der Landessprache Bahasa Malaysia (oder Bahasa Melayu) gibt es kein anderes Wort, wenn man von Gott spricht. Es gibt zwar den Begriff ‚Tuhan’, der jedoch eine allgemeine kosmische Gottheit bezeichnet, nicht einen historischen und persönlichen Gott. Aus diesem Grund wurde seit den ersten Übersetzungen der Begriff ‚Allah’ verwendet, Es handelt sich im Übrigen dabei um einen Begriff semitischen Ursprungs, der normalerweise in der arabischen Bibelübersetzung benutzt wird, die in vielen Ländern mit muslimischer Mehrheit im Nahen Osten verbreitet ist, ohne dass die muslimischen Gemeinden dort Einspruch erhoben hätten. Auch im Benachbarten Indonesien, dessen Amtsprache (Bahasa Indonesia) der malaiischen ähnelt, wird für den christlichen Gott der Begriff ‚Allah’ verwendet“, so P. Paolo Nicelli vom Päpstlichen Institut für die Außenmissionen (PIME) im Gespräch mit dem Fidesdienst. P. Nicelli ist Islamexperte und Malaysiakenner. „Es entsteht also der Eindruck, als ob man einen Vorwand suchte, damit die Verbreitung christlicher Schriften und Veröffentlichungen in Malaysia verhindert werden kann, wie dies im Fall des ‚Herald’ geschah“, so der Missionar.
„In Malaysia gibt es einen juridisches Widerspruch: der Islam ist Staatsreligion und der Artikel 11 der Verfassung garantiert die Religionsfreiheit und das Recht jedes Bürgers, sich zum eigenen Glauben zu bekennen. Doch es sind Ausnahmen vorgesehen: der Staat kann die Verbreitung anderer Religionslehren unter muslimischen Gläubigen kontrollieren (und damit einschränken). Und andere Religionen dürfen keine muslimischen Gläubigen abwerben.“, so P. Nicelli weiter.
Religiöse Minderheiten, so folgert der Missionar, „befinden sich deshalb in einer schwierigen Lage. Sie werden zwar nicht verfolgt, oft aber stark diskriminiert. Sie stehen unter gesellschaftlichem und juridischem Druck und es gibt keine Gleichberechtigung. Nichtmuslimische Bürger sind zum Beispiel benachteiligt, wenn sie als Beamte Karriere machen wollen.“ Auf religiöser Ebene werde ausländischen Missionaren die Einreise verweigert, „Priesterweihen sind nur eingeschränkt möglich und es gibt einen Numerus clausus“. Davon sind auch hinduistische Gläubige betroffen: Religionsvertretern aus Indien wurde die Einreise verboten.
Diese Praxis führt zu Unzufriedenheit unter den Minderheiten, denen nur der Rechtsweg bleibt. Doch auch auf diesem Gebiet gibt es zahlreiche Schwierigkeiten, die ein solches Vorgehen oft nutzlos machen: „Wenn man die eigenen Rechte einklagen will“, so P. Nicelli, „ist das sehr mühsam und schwierig. Im Gegenteil, auch das Justizsystem übt Druck aus: viele von Christen und Anhängern andere Religionen angestrengte Verfahren entsprechen nicht dem Gerechtigkeitsgefühl der Kläger. Dies geschieht, weil es in Malaysia eine ‚zweigleisige’ Justiz gibt: zum einen die zivilen Gerichte mit drei Instanzen (Hohes Gericht, Berufungsgericht, Oberster Gerichtshof) und auf der anderen Seite die islamischen Gerichte. Oft erklären zivile Gerichte, sie seien nicht zuständig für religiöse Fragen und leiten die Fälle an die islamischen Gerichte weiter, die jedoch eigentlich nur für muslimische Bürger zuständig sind. Dies kam auch im Fall der zum Christentum konvertierten malaiischen Muslima Lina Joy zum tragen, die ihre Religionszugehörigkeit in ihrem Pass ändern lassen wollte. In einem entsprechenden Gerichtlichen Verfahren erging nach langen Verhandlungen ein negatives Urteil. So etwas entmutigt Christen bei der Inanspruchnahme der eigenen Rechte.“ (PA) (Fidesdienst, 13/01/2010)


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