ASIEN/SRI LANKA - Parlamentswahlen entscheiden über den Fortgang des Friedensprozesses nach zwanzig Jahren Bürgerkrieg - Kirchen rufen zur Versöhnung auf

Freitag, 2 April 2004

Colombo (Fidesdienst) - Am Tag, an dem die Bürger von Sri Lanka zur Wahl gingen, war die Situation in der Hauptstadt Colombo ruhig, es gab keine offensichtlichen Spannungen. Wie Beobachter aus Kreisen der Ortskirche dem Fidesdienst berichten wurden mögliche Episoden der Gewalt erst für den Abend oder nach Schließung der Wahllokale erwartet: Deshalb hatte die Regierung auch eine eventuelle Ausgangssperre in Erwägung gezogen. Rund 13 Millionen Srilanker (9 Millionen Singhalesen und 4 Millionen Tamilen) wählen insgesamt 225 Abgeordnete. Im Zusammenhang mit der Wahlkampagne waren 5 Menschen gestorben.
Die politische Lage auf der Insel hatte sich verschlechtert, nachdem infolge von Unstimmigkeiten zwischen den Premierminister Ranil Wickremashinghe und der Staatspräsidentin Chandrika Kaumaratunga gekommen war, und die Präsidentin am 7. Februar das Parlament auflöste und Neuwahlen anberaumte. Kernpunkt der Krise waren die Beziehungen zu den Tamil-Rebellen, mit denen die Regierung Verhandlungen aufgenommen hatte, nachdem mit einem Waffenstillstandsabkommen vom Februar 2002 ein zwanzigjähriger Bürgerkrieg beendet worden war.
Die Tamil-Minderheit fordert weitgehende Autonomie in den nördlichen und östlichen Regionen des Landes: Während der Premierminister ein föderatives System befürwortet klagte die Staatspräsidentin über zu viele Zugeständnisse an die Rebellen. Beide Seiten hatten sich im Laufe der Wahlkampagne jedoch zu einer Wiederaufnahme der Gespräche mit den Tamilen bereiterklärt, da ein erneuter Ausbruch des Konflikts verheerende Folgen für das Land hätte. Nach Aussage der Beobachter werden die Wähler voraussichtlich für die Dezentralisierung der Macht abstimmen, die vom Premierminister und seiner Partei vertreten wird, während die kleinen nationalistischen Parteien, die sich zu einer Koalition um die Staatspräsidentin zusammengeschlossen haben, ein solches System ablehnen.
Unterdessen blieb die Kirche, die sich stets mit ganzer Kraft für die Versöhnung zwischen den Volksgruppen und den Frieden engagiert hatte, im Vorfeld der Wahlen neutral. In einem Hirtenbrief zu den bevorstehenden Wahlen hatten die Bischöfe ihre Sorge hinsichtlich der wachsenden Spannungen im Land geäußert, die sie als „von radikalen Kräften manipulierte und gewollte Tendenz“ bezeichneten, die „unser grundlegendes Recht auf Religionsfreiheit bedroht“. Sie wünschten sich freie, transparente und gleichberechtigte Wahlen, die nicht von Vorurteilen, Gewalt oder Einschüchterungsmaßnahmen beeinträchtigt werden. Alle wahlberechtigten Bürger sollten von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen, da dies für ein demokratisches System von ausschlaggebender Bedeutung sei. Die Bischöfe forderten in diesem Zusammenhang die katholischen Wähler auf, ihre Stimme jenen Kandidaten zu geben, die sich für den Schutz der Religionsfreiheit und der Menschenrechte engagieren.
Ähnlich äußerte sich auch die Konferenz der Religionsvertreter des Landes, in der sich Vertreter der Buddhisten, Christen, Hindus und Muslimen zusammenschließen, darunter auch Erzbischof Oswald Gomis von Colombo. (PA) (Fidesdienst, 2/4/2004 - 42 Zeilen, 426 Worte)


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