Asien/Sri Lanka - Weshalb gibt es auch unter den Buddhisten in Sri Lanka fundamentalistische Strömungen? – Interview mit den Vorsitzenden der Bischofskonferenz – 1. Februar soll in Sri Lanka als Tag des Gebets für das interreligiöse Zusammenleben begangen werden

Dienstag, 27 Januar 2004

Colombo (Fidesdienst) – Die jüngsten Episoden fundamentalistischer Gewalt buddhistischer Prägung sind eine Reaktion auf das aggressive Abwerben von Gläubigen durch protestantische christliche Sekten, die das religiöse jahrhunderte Gleichgewicht im Land gefährden. Dies erklärt der Vorsitzende der Bischofskonferenz in Sri Lanka, Erzbischof Osvald Gomis von Colombo, in einem Interview mit dem Fidesdienst. „Heute“, so der Erzbischof, „ist die Situation wieder unter Kontrolle, doch die Spannungen in den vergangenen Wochen sind Anlass zur Sorge. Als christliche und buddhistische Religionsführer versuchen wir unterdessen alles zu tun, damit wieder Harmonie entsteht“.
Am 15. und 18. Januar waren Brandanschläge auf zwei katholische Kirchen in der Nähe der Hauptstadt Colombo verübt worden. Bereits in der Weihnachtszeit war es zu über 20 Angriffe auf Christen verschiedener Konfessionen gekommen und bei einer Massenkundgebung hatten buddhistische Mönche gegen „betrügerische Bekehrungen“ protestiert.
„Der Grund für die Gewalt“, so Erzbischof Gomis im Gespräch mit dem Fidesdienst, „ist das Vorgehen einiger protestantischer Sekten, die Bekehrungskampagnen durchführen, die von den Buddhisten nicht gerne gesehen werden. Nichtchristen unterscheiden oft nicht zwischen Protestanten und Katholiken, weshalb auch Anschläge auf katholische Kirchen verübt wurden. Doch der von den Buddhisten aufgeworfene Vorwurf der „Proselytenmacherei“ ist meiner Ansicht nach zutreffend. Wir haben versucht, mit protestantischen Religionsvertretern zu reden, doch sie wollen nicht auf uns hören. Die katholischen Gläubigen befürchten nun einen plötzlichen Ausbruch der Gewalt“.
Der Erzbischof weist darauf hin, dass „der Fundamentalismus sowohl unter Buddhisten als auch unter Christen zunimmt und dass es nicht einfach ist, ihn zu bremsen. „Die aggressive Proselytenmacherei lässt sich nicht mit dem Dialog vereinbaren: doch wir müssen wieder zum Weg des Dialogs zurückfinden. Meine Beziehungen zu den Buddhisten waren immer ausgezeichnet, nun wurden sie durch die jüngsten Vorfälle beeinträchtigt. Wir dürfen nicht zulassen, dass diese unsere Beziehungen ruinieren. Viele Bischöfe und buddhistische Religionsführer versuchen Brücken zu schlagen, in dem sie mit den Menschen sprechen, sich gegenseitig treffen und versuchen ein Klima der Freundschaft und der Toleranz herzustellen. Deshalb werden wir auch den 1. Februar als Tag der interreligiösen Harmonie begehen.“
Besondere Sorge bereitet dem Erzbischof unterdessen der Entwurf eines Anti-Bekehrungs-Gesetzes, der dem Parlament vorliegt, der von fundamentalistischen Strömungen unterstützt wird. „Ein Gesetz, das Bekehrungen verbietet, wäre ein Rückschritt und würde eine weitere Polarisierung mit sich bringen. Wir lehnen eine Billigung entschieden ab. Vielmehr fordern wir die Schaffung eines gemischten Ausschusses, dem Vertreter der Regierung und verschiedener Religionen angehören, die sich mit der Frage befassen und eine Lösung finden.“, so der Erzbischof.
„Hinter dieser Angelegenheit verbirgt sich auch ein politischer Aspekt“, betont der Erzbischof abschließend, „Es gibt Politiker, die das Ganze noch anschüren, um damit eigene Interessen voranzutreiben. Wir bitten die Weltkirche um Unterstützung in dieser schwierigen Frage und um ihr Gebet“. (PA) (Fidesdienst, 27/1/2004 – 45 Zeilen, 475 Worte)


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