VATIKAN - Neues Buch zur Figur von Kardinal Celso Costantini: "Brückenbauer” zu China

Dienstag, 18 Juni 2024



Von Gianni Valente

Rom (Fides) - "Vor allem gegenüber den Chinesen hielt ich es für angebracht, in keiner Weise den Verdacht zu bestätigen, dass die katholische Religion unter dem Schutz und, schlimmer noch, als politisches Instrument im Dienste der europäischen Nationen steht", so der aus der norditalienischen Region Friaul stammende Kardinal Celso Costantini in seinen Memoiren zu den besonderen Merkmalen seiner Mission als Erster Apostolischer Delegat in China, die von 1922 bis 1933 dauerte.
In jüngster Zeit haben die Entwicklung der Beziehungen zwischen China und dem Vatikan und das Abkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Volksrepublik China über die Ernennung von Bischöfen das Interesse an Costantini (1876-1958), einem Vorreiter des Dialogs zwischen dem Vatikan und Peking, geweckt und zu neuen Studien geführt. Doch auch in den letzten Jahrzehnten, lange vor dem Abkommen zwischen China und dem Heiligen Stuhl über die Ernennung von Bischöfen, wurde die Erinnerung an diese brillante und prophetische Persönlichkeit der katholischen Kirche des 20. Jahrhunderts dank der Arbeiten und Initiativen seines Landsmannes Prälat Bruno Fabio Pighin, Professor an der Fakultät für Kirchenrecht „S. Pio X.“ in Venedig und bischöflicher Delegierter für das Heiligsprechungsverfahrens Costantinis, wachgehalten.
Ein neuer, von Professor Pighin herausgegebener Band trägt nun dazu bei, weniger bekannte Aspekte der facettenreichen Persönlichkeit Costantinis zu erforschen.
Der in italienischer Sprache erschienene Band trägt den Titel “Il Cardinale Celso Costantini e la Cina. Costruttore di un ‘ponte’ tra Oriente e Occidente” ("Kardinal Celso Costantini und China. Erbauer einer Brücke zwischen Ost und West"). Die von „Marcianum Press“ herausgegebene Publikation wurde von der Vereinigung "Amici del Cardinale Celso Costantini“ („Freunde von Kardinal Celso Costantini") in Auftrag gegeben, die bereits die Dauerausstellung "Kardinal Celso Costantini und China" auf den Weg brachte, die 2023 im Diözesanmuseum für Sakrale Kunst der Diözese Pordenone eröffnet wurde.
Das neue Werk über Costantini wird am Donnerstag, den 20. Juni (17 Uhr), in der Aula Magna der Päpstlichen Universität Urbaniana vorgestellt. Der Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin und Erzbischof Fortunatus Nwachukwu, Sekretär des Dikasteriums für die Evangelisierung (Sektion für die Erstevangelisierung und die neuen Teilkirchen), werden zusammen mit Bischof Juan Ignacio Arrieta, Sekretär des Dikasteriums für Gesetzestexte, an der Präsentation teilnehmen. Der Bischof der Heimatdiözese von Kardinal Costantini, Concordia-Pordenone, Giuseppe Pellegrini, und Professor Vincenzo Buonomo, Päpstlicher Delegierter und Prorektor der Universität Urbaniana, werden Grußworte zur Eröffnung sprechen.

Pordenone, Fiume, Peking, Rom
In dem großformatigen Band beleuchten die verschiedenen Kapitel, die von Akademikern und Gelehrten verfasst wurden, die vielseitigen Persönlichkeit Costantinis. Von den Jahren seiner Berufung zum Priesteramt in der Diözese Concordia-Pordenone - wo er in der während der Zeit des Ersten Weltkriegs auch Generalvikar war - bis hin zu seiner pastoralen Tätigkeit als erster Apostolischer Administrator von Fiume (heute in Kroatien), wo er 1920-21 ein Blutbad verhinderte, indem er sich dem Vorhaben des Dichters Gabriele D'Annunzio und der italienischen Nationalisten widersetzte, die die unabhängige Stadt zurückerobern wollten.
Der Historiker Agostino Giovagnoli rekonstruiert die Rolle Costantinis als "großer Verkünder des Evangeliums" in China, während Adel Afif Nasr seinen Beitrag zum Konzil von Shanghai beschreibt. Im zweiten Teil des Werks wird an Costantini als Protagonist der sakralen Kunst erinnert. Der mit 150 Fotos und Illustrationen versehene Band stellt auch die künstlerischen Werke und die kostbaren chinesischen Textilien vor, die der Kardinal hinterlassen hat, und bietet außerdem eine wertvolle bibliografische Übersicht, die von Simon Ee Kim Chong herausgegeben wurde.

Die "Methode Costantini " und das Abkommen über die Ernennung der Bischöfe
Die Veröffentlichung und die Präsentation des neuen von Pighin herausgegeben Werks in Rom, ist Teil einer Reihe von Veranstaltungen, die dem hundertsten Jahrestag des "Primum Concilium Sinense" gewidmet sind, dem Konzil der katholischen Kirche in China, das vom 15. Mai bis 12. Juni 1924 in Shanghai stattfand und dessen Hauptleiter der damalige Apostolische Delegat Costantini war. Eine wichtige Konferenz zum 100. Jahrestag des „Concilium Sinense“, die von der Päpstlichen Universität Urbaniana in Zusammenarbeit mit der Fides und der Pastoralkommission für China organisiert wurde, fand am 21. Mai in der Aula Magna der Päpstlichen Universität statt. Zu den Rednern gehörten unter anderem der Bischof von Shanghai Joseph Shen Bin, Kardinal Pietro Parolin und Kardinal Luis Antonio Tagle, Pro-Präfekt des Dikasteriums für die Evangelisierung (vgl. Fides 21 und 22/5/2024).
In der Videobotschaft an die Konferenzteilnehmer hob Papst Franziskus auch den wesentlichen Beitrag hervor, den Kardinal Costantini auf dem Konzil von Shanghai geleistet hatte, das auf Geheiß von Papst Pius XI. einberufen worden war, um die apostolische Arbeit auf chinesischem Boden neu zu beleben, das Wachstum einer einheimischen chinesischen Kirche zu fördern und zu begleiten und sich der kolonialen Mentalität zu widersetzen, die auch in die kirchlichen Praktiken eingedrungen war. „Constantini", erinnerte Papst Franziskus in dieser Videobotschaft, "betonte einfach, dass die Mission der Kirche darin besteht, zu evangelisieren und nicht zu kolonisieren". Auf dem Konzil von Shanghai hat die Gemeinschaft zwischen dem Heiligen Stuhl und der Kirche in China, auch dank der Arbeit von Celso Costantini, ihre fruchtbaren Früchte gezeigt, „Früchte des Guten für das ganze chinesische Volk".
Kardinal Parolin fügt im Vorwort des von „Marcianum Press“ herausgegebenen Bandes aufschlussreiche Details hinzu, die die ganze Tragweite der Prophezeiung dessen erfassen, was der Staatssekretär die „Methode Costantini" nennt.
Nach seinen Jahren in China war Kardinal Costantini Sekretär der Kongregation „de Propaganda Fide“ und 1953 wurde er von Pius XII. zum Kardinal ernannt. Der neue Band über Costantini erzählt auch von den geduldigen und hartnäckigen Versuchen, die er als Apostolischer Delegat unternahm, um die Entstehung von direkten Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und den chinesischen Behörden zu fördern, und von der systematischen Sabotage - die fast immer erfolgreich war - durch westliche Mächte, um zu verhindern, dass der Papst ohne Vermittler mit Peking verhandelt. "Dieser Weg", so Kardinal Parolin, "gab eine Richtung vor, die die Kirche heute weiterverfolgt, wie es auch mit dem 2022 bestätigten provisorischen Abkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Volksrepublik China geschah. Dieses Abkommen, das bereits 2007 von Papst Benedikt angestrebt und 2018 unter dem Pontifikat von Papst Franziskus unterzeichnet wurde, betrifft die Ernennung von Bischöfen in China, in idealer Kontinuität mit den sechs ersten chinesischen Bischöfen, die 1926 in Rom von Pius XI. und Costantini selbst geweiht wurden". Heute, auch aufgrund der 2018 unterzeichneten und zweimal verlängerten Vereinbarung, "stehen alle Prälaten im Land des Konfuzius in Gemeinschaft mit dem Nachfolger Petri und dem universalen Bischofskollegium".
Der Kardinalstaatssekretär erinnert auch an die Rolle, die Costantini nach den ersten Bischofsweihen spielte, die ab 1958 ohne päpstliches Mandat in China durchgeführt wurden. In diesem für die kirchliche Gemeinschaft so schmerzlichen Moment, betont Kardinal Parolin, "riet Costantini Papst Pius XII., die chinesische Situation nicht mit europäischen Augen zu sehen, denn es handele sich nicht um ein 'Schisma'". Eine Perpektive, die konkrete Auswirkungen hatte: In der Enzyklika „Ad Apostolorum Principis“ von 1958 wurde in Bezug auf chinesische Bischöfe, die ohne Zustimmung des Papstes geweiht wurden, "nicht von 'Schisma' gesprochen". Darin bekräftigte Pius XII. vielmehr auch in der neuen politischen Situation die Pflicht der chinesischen Katholiken, ihr Heimatland zu lieben und seine Gesetze zu respektieren, die nicht im Widerspruch zum christlichen Glauben und zur Moral stehen, um die harmonische Entwicklung der gesamten Nation zu fördern. Die „Methode Costantini“, so der Kardinalstaatssekretär, sei auch „eine Quelle der Inspiration für die Gegenwart“. Eine Perspektive, die auch in dem vom Priester und Professor Bruno Fabio Pighin herausgegebenen Band "gut veranschaulicht" wird.
(Fides 18/6/2024)


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