VATIKAN - PAPST BEI DER AUDIENZ FÜR DIE INDISCHEN BISCHÖFE: „JEDES AUF DEN KASTEN GRÜNDENDE VORURTEIL IN DEN BEZIEHUNGEN UNTER CHRISTEN WIDERSPRICHT DER WAHREN MENSCHLICHEN SOLIDARITÄT UND IST EINE BEDROHUNG FÜR WAHRE SPIRITUALITÄT UND EIN GROSSES HINDERNIS FÜR DEN EVANGELISIERUNGSAUFTRAG DER KIRCHE“

Dienstag, 18 November 2003

Vatikanstadt (Fidesdienst) – “Es reicht nicht aus, dass die christliche Glaubensgemeinschaft das Prinzip der Solidarität als höchstes Ideal vertritt, dieses Prinzip sollte vielmehr als Norm für die Beziehungen unter den Völkern gelten“, betonte der Papst bei der ad limina-Audienz für die Bischöfe aus den indischen Kirchenprovinzen Madras-Mylapore, Madurai und Pondicherry-Cuddalore am 17. November.
Der Heilige Vater nahm damit ein Thema auf, das er beireits bei den Audienzen für die anderen indischen Bischöfe behandelt hatte: „Es ist wichtig, dass in Kirche und Gesellschaft ein authentischer Geist der Solidarität gefördert wird“. „Wir können nicht hoffen, dass ein Geist der Einheit unter unseren Brüdern und Schwestern ohne eine wahre Solidarität unter den Völkern verbreitet werden kann“, so der Papst, „Wie in vielen anderen Teilen der Welt, gibt es auch in Indien zahlreiche gesellschaftliche Probleme. In gewisser Weise werden diese Herausforderungen vom ungerechten System der Kastentrennung verstärkt, das ganzen Menschengruppen die Menschenwürde verwehrt. Diesbezüglich möchte ich noch einmal wiederholen, was ich bereits bei meinem Besuch in eurem Land gesagt habe: ‚Unwissenheit und Vorurteile müssen durch Toleranz und Verständnis ersetzt werden. Gleichgültigkeit und Klasenkämpfe müssen sich in Geschwisterlichkeit und engagierten Dienst verwandeln. Diskriminierung von Rassen, Hautfarbe, Glaubensbekenntniss und Geschlecht oder ethnischer Abstammung sind mit der Menschenwürde unvereinbar und müssen deshalb abgelehnt werden’“.
Sondann lobte Papst Johannes Paul II. die zahlreichen Intitiativen der Indischen Bischofskonferenz und der Teilkirchen "zur Bekämpfung dieser Unerechtigkeit“ und forderte die Bischöfe auf, weiterhin darauf zu achten, dass „vor allem den niedrigsten Kasten ein besonderes Augenmerk gewidmet wurd und insbesondere den Dalit. Jedes auf den Kasten gründende Vorurteil in den Beziehungen zwischen Christen widerspricht der wahren menschlichen Solidarität und bedroht die wahre Spiritualität und behindert den Evangelisierungsauftrag der Kirche.
Mit Blick auf die Neuevangelisierung betonte der Heilige Vater, dass diese „vor allem in den modernen Gesellschaften sehr wichtig ist, wo weite Teile der Gesellschaft unter äußerst schwierigen Bedingungen Leben, die oft dazu führen, dass einfache und rasche Lösngen für komplizierte Probleme gesucht werden. Dieses Gefühl der Hoffnungslosigkeit erklärt zum Teil, weshalb so viele junge und ältere Menschen sich von fundamentalistischen Sekten angezogen fühlen, die kurzfristig starke Emotionen und die Erfüllung der irdischen Sehnsüchte versprechen.“ „Unsere Antwort“, so der Papst, „ muss deshalb die Re-Evangelisierung sein und ihr Erfolg hängt von unserer Fähigkeit ab, den Menschen die Leere solcher Versprechen deutlich zu machen und sie gleichsam davon zu überzeugen, das Christus und sein Leib das Leid mit ihnen teilt“.
Der Heilige Vater empfahl den Bischöfen auch, „die Solidarität unter dem Klerus und die Einheit zwischen den Bischöfen und ihren Priestern“ zu fördern. Als Männer des Glaubens „dürfen die Priester nicht der Versuchung der Macht und des materiellen Verdienstes erliegen, der sie von ihrer Berufung entfernt, und sie dürfen auch angesichts der Probleme der ethnischen Unterschiede und des Kastensystems die Aufgabe der Verkündigung des Evangeliums nicht vergessen“.
Abschließend erinnerte Papst Johannes Paul II. an die „Pflicht zur gegenseitigen Unterstützung, die die Einheit bei der Sendung fördert, die auf Christus selbst gründet und uns erlaubt, uns allen Kulturen, Ideologien und allen Menschen guten Willens zu nähern.“. Die Kirche fordert die Gläubigen auf „mit Umsicht und Nächstenliebe den Dialog und die Zusammenarbeit mit den Anhängern anderen Relgionen zu führen“, damit „eine dauerhafte Solidarität zwischen den Religionen“ entstehen kann.
Zum Schluss seiner Ansprache erinnerte der papst daran, dass „sich die katholische Kirche in Indien stets für die Würde des einzelnen Menschen und damit das Recht aller Völker auf Religionsfreiheit eingesetzt hat. Die Ermutigung zu Toleranz und Respekt für die anderen Religionen wird auch im Rahmen zahlreicher interreligiöser Programme und Initaitven auf nationaler und örtlicher Ebene umgesetzt. Ich ermutige Sie, diesen offenen und nützlichen Dialog mit den Mitgliedern andere Religonen fortzusetzen.“ (SL) (Fidesdienst 18/11/2003 – 58 Zeilen, 648 Worte)


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