VATIKAN - Papstaudienz für die Priester der Diözese Rom: besonderes Augenmerk für die Jugendlichen, Bibelfestigkeit, Rolle der kirchlichen Bewegungen, Verinnerlichung der Konzilslehren, sakrale Kunst als Mittel der Weitergabe des Glaubens waren die Themen

Samstag, 24 Februar 2007

Vatikanstadt (Fidesdienst) - Der Tradition gemäß empfing Papst Benedikt XVI. die Priester der Diözese Rom zu Beginn der Fastenzeit am Donnerstag, den 22. Februar, in Audienz. Nach dem Grußwort des Kardinalvikars Camillo Ruini antwortete der Papst auf die Fragen einiger Priester. Es folgen die angesprochenen Themen und Auszüge aus den Antworten des Heiligen Vaters.

1.Die Sendung des Marienheiligtums der Diözese, das der Madonna von der Göttlichen Liebe („Divino Amore“) gewidmet ist. „Die wesentliche Aufgabe besteht darin ... sich als Ort des Gebets, des Sakramentenlebens und des umgesetzten karitativen Lebens anzubieten… Wir lernen von Maria, wie wir persönlich mit dem Herrn sprechen können, indem wir in unserem Leben und in unserem Herzen die Worte Gottes wiegen, damit sie wahre Speise für jeden werden… In der Liturgie lehrt uns der Herr zu beten, indem er uns ersts sein Wort gibt und uns dann durch das eucharistische Gebet zur Gemeinschaft mit dem Geheimnis seines Lebens, seines Kreuzes und seiner Auferstehung einführt… Deshalb ist die Liturgie vor allem gebet: zu erst Hören und dann Antworten, sowohl durch den Antwortpsalm als auch durch das Gebet der Kirche und das große eucharistische Gebet. Wir feiern richtig, wenn wir in einer ‚betenden’ Haltung feiern, indem wir uns mit dem Geheimnis Christ und dem Gespräch des Sohnes mit dem Vater vereinen …Die Volksfrömmigkeit ist eine unserer Stärken, denn es handelt sich um Gebete, die in den Herzen der Menschen tief verwurzelt sind. Auch Menschen die dem Leben der Kirche etwas fern stehen und über wenig Glaubenswissen verfügen werden von diesem Gebet in ihrem Herzen berührt. Man muss diese Gesten nur ‚erleuchten“, diese Tradition ‚läutern’ damit sie zum gegenwärtigen Leben der Kirche wird … Ich bin sehr dankbar, denn die eucharistische Andacht erneuert sich mehr und mehr … Ich kann hier vorwegnehmen, dass ich bald das Nachsynodale Apostolische Schreiben zur Eucharistie unterzeichnen werden, das dann der Kirche zur Verfügung stehen wird. Es ist ein Dokument, das sich gut für die Betrachtung eignet… Abschließend soll der Wallfahrtsort vor allem ein Ort der ‚caritas’ sein. Dies scheint mir sehr logisch und offensichtlich.

2. Die Hinführung der neuen Generationen zum Glauben. „Die Jugend muss wirklich zu den Prioritäten unserer Pastoralarbeit gehören, denn sie lebt oft in einer Welt, die fern von Gott ist … Es scheint mir sehr wichtig, dass die Jugendlichen Menschen finden - sowohl Gleichaltrige als auch Ältere - die ihnen zeigen, dass das christliche Leben heute möglich und auch vernünftig und umsetzbar ist … Das auf eine neue Weiser erlebte ‚Katechumenat’- d.h. ein gemeinsamer Weg des Glaubens, die gemeinsame Erfahrung der Tatsache, dass es möglich ist, so zu leben - ist sehr wichtig. Nur wenn eine gewisse Erfahrung stattfindet, kann man dann auch verstehen … Wir dürfen nicht denken, dass wir sofort ein hundertprozentig christliches Leben haben können, ohne Zweifel und ohne Sünden. Wir müssen wissen, dass wir uns auf dem Weg befinden, dass wir lernen müssen und können, dass die Umkehr auch ganz langsam stattfinden kann… Was die großen Themen anbelangt, so würde ich sagen, dass es wichtig ist, dass wir Gott kennen. Das Thema „Gott“ ist von wesentlicher Bedeutung … Nur wenn es uns gelingt, zu verstehen, dass Jesus kein großer Prophet ist, irgendeine weltliche religiöse Persönlichkeit, sondern das Antlitz Gottes, dass er Gott ist, dann haben wir die Größe Christi verstanden, dann haben wir erfahren, wer Gott ist … Außerdem müssen wir natürlich verstehen, dass die Kirche die große Gefährtin auf dem Weg ist, auf dem wir uns befinden. In ihr bleibt das Wort Gottes lebendig, sie ist nicht nur eine Figur der Vergangenheit, sondern sie ist Gegenwart. Auf diese Weise müssen wir auch das Sakramentenleben entdecken … Auf diesem Weg begleiten uns natürlich die Heiligen. Sie haben, trotz vieler Probleme, als wahre und lebendige „Interpretation“ der Heiligen Schrift gelebt. Schließlich gibt es immer auch noch Maria, die die Mutter des Wortes bleibt. Wenn wir Maria neu entdecken, dann hilft sie uns als Christen zu leben und den Sohn kennen zu lernen.“

3. Die Förderung der Bibelfestigkeit. „Die Bibel ist als Ganzes etwas Großes, das man Schritt um Schritt entdecken muss … Ein erster Punkt scheint mir die Lektüre der Heiligen Schrift in ihrer Einheit und Ganzheit. Die einzelnen Teile sind ein Teil eines Weges und nur wenn man sie in ihrer Ganzheit, als einen winzigen Weg betrachtet, wo ein Teil den anderen erläutert, dann können wir dies erfassen … die Lektüre der Heiligen Schrift sollte deshalb immer eine Lektüre im Licht Christi sein… Der wahre Eigentümer des Wortes ist stets das Gottesvolk, geleitet vom Heiligen Geist, und die Inspiration ist ein sehr komplexer Prozess: der Heilige Geist geht leitend voraus, das Volk empfängt. Es ist deshalb der Weg eines Volkes, des Volkes Gottes. Die Heilige Schrift muss richtig gelesen werden. Doch dies kann nur geschehen, wenn wir im inmitten dieses Subjekts gehen, das das Volk Gottes ist, das lebt, und von Christus erneuert und neu gegründet wird, jedoch immer seine Identität behält … Deshalb würde ich sagen, dass es drei Dimensionen gibt, die mit einander in Verbindung stehen. Die historische Dimension, die christologische Dimension und die ekklesiologische Dimension - des sich auf dem Weg befindenden Volkes - und diese drei Dimensionen durchdringen einander… Das Wort bleibt größer, als man verstehen kann. Dies muss vor allem heute im Hinblick auf einen Teil der modernen Exegese gesagt werden, die meint alles verstanden zu haben und die glaubt, dass nach einer solchen Interpretation nichts anderes mehr zu sagen wäre. Dies ist nicht wahr. Das Wort ist immer größer als die Exegese der Kirchenväter und die kritische Exegese.“

4. Kirchliche Bewegungen und neue Gemeinschaften. „In allen Jahrhunderten sind Bewegungen entstanden … sie fügen sich in das Leben der Kirche nicht ohne Probleme und Schwierigkeiten ein. Der heilige Benedikt selbst musste die anfängliche Ausrichtung des Mönchtums korrigieren. Und so hat uns der Herr, der Heilige Geist, auch in unserem Jahrhundert neue Initiativen mit neuen Aspekten des christlichen Lebens geschenkt: doch sie werden von Menschen mit ihren Schwächen gelebt und führen manchmal auch zu Schwierigkeiten. Die erste Regel lautet deshalb: wir sollen Charismen nicht auslöschen, sondern dankbar sein, auch wenn sie manchmal unbequem sind. Die zweite Regel lautet: die Kirche ist eine; wenn die Bewegungen wirklich Geschenke des Geistes sind, dann fügen sie sich ein und dienen der Kirche und im langmütigen Dialog zwischen den Hirten und entsteht eine fruchtbare Form, in der diese Elemente zu erbauenden Elementen der Kirche in der Gegenwart und in der Zukunft werden“.

5. Die Seelsorge, das wirkliche Kirchenleben, genährt von der Kirchenlehre des Konzils. „Die Seelsorge sollte nie als einfache Strategie verstanden werden, als eine verwaltungstechnische Tätigkeit, sondern stets als eine geistliche Aufgabe. Gewiss darf das andere auch nicht ganz fehlen, denn wir leben in dieser Welt und diese Probleme gibt es … Doch der grundlegende Akzent muss dahingehend gesetzt werden, dass das Dasein als Seelsorger an sich bereits eine geistliche Handlung ist… Der Hirte geht voraus. Dies bedeutet, dass er selbst vor allem das Wort Gottes lebt: er ist ein Mann des Gebets, ein Mann der Vergebung, ein Mann, der die Sakramente empfängt und als Handlung des Gebets und der Begegnung mit dem Herrn feiert. Er ist ein Mann der gelebten und verwirklichten Nächstenliebe… das geistliche Wesen der täglichen Seelsorgearbeit ist von grundlegender Bedeutung. Es ist einfacher gesagt als getan, doch wir müssen es versuchten. Und damit wir unserer Arbeit eine geistliche Note geben können, müssen wir noch einmal dem Herrn nachfolgen. Ein wenige freie zeit mit dem Herrn ist wirklich notwendig: sowohl bei der Feier des messe als auch bei dem Stundengebet und der tätlichen Meditation, auch wenn sie nur kurz ist, gemäß der Liturgie der Kirche, der Rosenkranz … die Kirchenlehre des Konzils. Es scheint mir, als ob wir dieses Kirchenlehre noch mehr verinnerlichen sollten, sowohl das das Dokument „Lumen gentium“ als auch das Dokument „Ad gentes“, das auch ein ekklesiologisches Dokument ist, sowie die kleineren Dokumente und schließlich das Dokument „Dei Verbum“. Und wenn wir diese Vision verinnerlichen, dann können wir auch unsere Volk an dieser Vision teilhaben lassen, das verstehen soll, dass die Kirche nicht nur eine große Struktur ist, oder eine der üblichen internationalen Einrichtungen. Die Kirche ist auch ein Leib, der Leib Christi und damit ein geistlicher Leib, wie der heilige Paulus sagt. Sie ist eine geistliche Realität. Dies scheint mir sehr wichtig: dass die Menschen verstehen, dass die Kirche keine internationale Organisation ist, oder eine Verwaltungs- oder Machtstruktur, dass sie kein Hilfswerk ist, obschon sie international und im sozialen Bereich tätig ist, sondern dass sie ein geistlicher Leib ist. … Die Predigt bleibt weiterhin eine wunderbare Gelegenheit, um den Menschen nahe zu sein und ihnen die Spiritualität zu vermitteln, die das Konzil uns lehrt“.

6. Der Sinn und der Wert der eucharistischen Wiedergutmachung. „Dies ist ein Thema, das sehr schwierig geworden ist. … Es scheint mir, dass wir hier tiefer gehen müssen, dass wir zum Herrn selbst gelangen müssen, der die Wiedergutmachung für die Sünden der Welt schenkt und versuchen wieder gut zu machen: sagen wir, das Gewicht des Bösen und das Gewischt des Guten auszugleichen. Somit dürfen wir das Übergewicht des Bösen in der Welt nicht zulassen, sondern wir müssen ein ebenso großes Gewicht an Gutem entgegenstellen… Diese grundsätzliche Idee gründet auf den Taten Christi … Dem großen Gesicht des Bösen, das in der Welt existiert und das die Welt hinunterzieht stellt der Herr ein größeres Gewicht gegenüber, das Gewicht der unendlichen Liebe, die auf diese Welt kommt… Es scheint mir, als ob die Theologie mehr tun müsste, damit diese Realität der Wiedergutmachung besser verstanden wird … Mir scheint, dass wir noch nicht den richtigen Wortschatz haben, um diese Tatsache uns selbst und damit den anderen verständlich zu machen. Wir sollen nicht einem grausamen Gott das Blut Gottes opfern. Sondern Gott selbst, mit seiner Liebe, soll das Leid der Geschichte durchdringen, damit nicht nur ein Gleichgewicht entsteht, sondern damit die Liebe überwiegt, die stärker ist als das Übermaß an Bösem, das es gibt.“

7. Die Beziehung zwischen Einheit des Glaubens und Pluralismus der Theologie. „Dies ist eine wichtige Frage! … Ich möchte hierzu nur sagen, dass die Theologie stets vielfältig war. Denken wir an die Kirchenväter, an die franziskanische Schule im Mittelalter, an die dominikanische Schule und an das Spätmittelalter und so weiter. Wie wir bereits gesagt haben, ist das Wort Gottes immer größer als wir. Deshalb können wir die Ausstrahlung dieses Wortes und die verschiedenen Ansätze nie ganz erschöpfen und es sind immer verschiedene Denkweisen notwendig. Ich möchte ganz einfach sagen: es ist wichtig, dass der Theologe auf der einen Seite mit seiner professionellen Verantwortlichkeit und Fähigkeit versuchen sollte, Wege zu finden, die den Erfordernissen und den Anforderungen der heutigen Zeit entsprechen; und sich dabei auf der anderen Seite bewusst macht, dass dies alles auf dem Glauben der Kirche gründet und deshalb immer zum Glauben der Kirche zurück kehren muss. Ich glaube, dass ein Theologe, wenn er persönlich und tief im glauben verwurzelt ist und versteht, dass er eine Arbeit der Reflexion über den Glauben leistet, Einheit und Pluralität miteinander zu vereinbaren weiß.“

8. Die sakrale Kunst als Mittel der Weitergabe des Glaubens. „Italien ist besonders reich an Kunstschätzen und die Kunst ist für die Katechese ein unerschöpflicher, unglaublicher Schatz. Deshalb ist es für uns eine Pflicht sie zu kennen und zu verstehen. Nicht in der Art, wie dies die Kunsthistoriker tun, die sie nur formal auslegen, sondern mit der Technik des Künstlers. Wir müssen den Inhalt verstehen und den Inhalt, der diese große Kunst einst inspirierte neu erleben. Es scheint mir wirklich eine Pflicht - auch bei der Ausbildung der zukünftigen Priester - diese Schätze zu erfahren und in der Lage zu sein, das, was sie vergegenwärtigen und was uns heute anspricht, in eine lebendige Katechese zu verwandeln. So wird auch die Kirche nicht als eine Struktur der Unterdrückung oder der Macht erscheinen - wie manche gerne beweisen würden - sondern als Organismus mit einer einzigartigen geistlichen Fruchtbarkeit in der Geschichte oder zumindest, glaube ich sagen zu dürfen, einer Fruchtbarkeit, die außerhalb der katholischen Kirche nicht zu finden ist. Dies ist auch Zeichen der Vitalität der Kirche, die mit all ihren Schwächen und auch mit ihren Sünden stets eine große geistliche Realität geblieben ist, die eine Inspirationskraft besitzt, die uns diesen ganzen Reichtum schenkt.“ (SL) (Fidesdienst, 24/02/2007 - 156 Zeilen, 2.056 Worte)


Teilen: