AFRIKA/NIGER - Endloses Exil: Ein Leben in Niamey und das ohrenbetäubende Schweigen der Welt

Dienstag, 4 Juni 2024

Von Mauro Armanino

Niamey (Fides) - Henri lebt in Niamey und ist heute doppelt so alt als an dem Tag, an dem er sein Heimatland, die Demokratischen Republik Kongo, eine der unglücklichsten und reichsten Regionen seines Landes, verlassen hat. Der "geologische Skandal" der Demokratischen Republik Kongo, die über die besten Vorkommen an "Seltenen Erden“ für die Elektronik und die Informationstechnologie verfügt, hat die Fortsetzung der von außen gesteuerten Kriege ermöglicht, die im eigenen Land teuer bezahlt werden. Koalitionen verschiedener afrikanischer Länder und die Unterstützung in Form von Geld, Waffen und Logistik durch die Großmächte, die Interessen vor Ort haben, haben in den letzten Jahren zu einem langen Krieg geführt, der kein Ende nimmt.
Henri hat wie viele andere im Alter von 22 Jahren seine Heimat verlassen und ist seitdem nicht mehr zurückgekehrt. Er wird vom Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) nicht anerkannt und hat aufgehört, rechtlich zu existieren. Er ist kein "Flüchtling", er ist kein "Migrant", er ist kein "Vertriebener", er hat keine Arbeit, keine Familie, keine Identität und es bleibt nur das, was er beharrlich eine Zukunft nennt. Er hat das Massaker an denjenigen miterlebt, die aus dem gemarterten Ruanda geflohen sind, und im Laufe der Zeit die Entstehung und Entwicklung bewaffneter Gruppen, die von ausländischen Unternehmen und Mächten bezahlt werden, die nach Bodenschätzen "hungern". Um nach Benin zu gelangen, wo er 11 Jahre lang als Flüchtling lebte, war er durch Zentralafrika, Kamerun und Nigeria gereist. Schließlich waren die Behörden aus politischen Gründen der Ansicht, dass sein Status nicht mehr haltbar war, und Henri reiste nach Ghana aus, weil er glaubte, beim Hochkommissariat für Flüchtlinge in Genf (Schweiz) mehr Glück zu haben. Er beschloss, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und zu versuchen, das Meer zu überqueren, das diejenigen, die es wagen, sein Geheimnis herauszufordern, mit Furcht betrachtet. Er verlässt also Ghana und erreicht nach einer langen Reise Algerien, eine der Küsten des Mittelmeers. Er wird festgenommen, inhaftiert und schließlich an die Grenze zu Niger abgeschoben. 2019 wird er von der Internationalen Organisation für Migration aufgenommen. Da er nicht in seine Heimatregion zurückkehren will, in der immer noch Krieg herrscht, wird er aus humanitären Gründen dem Hochkommissariat für Flüchtlinge anvertraut. Er verbringt weitere vier Jahre als Asylbewerber in einem Flüchtlingscamp namens Hamdallay unweit von Niamey, bis sein Asylantrag schließlich abgelehnt wird.
Die Behörde bietet ihm eine bescheidene Summe als "Abfindung", und Henri findet ein Zimmer zur Miete in einem der neuen Viertel am Rande der Hauptstadt Niamey 2000. Henris Leben auf der vergeblichen Suche nach einem Land, in dem er wegen des andauernden Krieges in seinem Heimatland Asyl findet, erscheint als Metapher für unsere Zeit. Sowohl er als auch sein Land und Millionen von Menschen zelebrieren im komplizenhaften und ohrenbetäubenden Schweigen der Welt, die zählt, ein endloses Exil.
(Fides 4/6/2024)

MA


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