AMERIKA/PERU - Über 50 Tote bei Ausschreitungen: “Wir dürfen die Hoffnung nicht verlieren”

Dienstag, 17 Januar 2023 zivilgesellschaft   politik   soziale lage   bischöfe  

Lima (Fides) - Infolge der anhaltenden Proteste der Bevölkerung hat die peruanische Regierung ab dem 15. Januar für 30 Tage den Ausnahmezustand in den Departements Cusco, Lima und Puno, in der Provinz Callao und in mehreren anderen Regionen verhängt. Nach Berichten, die Fides vorliegen, sind davon auch fünf Autobahnen betroffen. Zu den Maßnahmen gehört auch die Verlängerung Ausgangssperre im Departement Puno um weitere zehn Tage. Die peruanische Präsidentin Dina Boluarte schloss unterdessen einen Rücktritt aus, während Minister, der Innen- und der Frauenminister, die am 13. Januar unerwartet zurück getreten waren umgehend ersetzt wurden.
Am 7. Dezember 2022 waren im ganzen Land Proteste ausgebrochen, nachdem der Präsident der Republik, Pedro Castillo, abgesetzt und anschließend verhaftet worden war, nachdem er versucht hatte, das Parlament aufzulösen, während schon kurz danach die neue Präsidentin Dina Boluarte, bis dahin Castillos Stellvertreterin, vereidigt worden war (vgl. Fides 9/12/2022). An den Protesten beteiligten sich Tausende von Menschen, die den Rücktritt von Boluarte und vorgezogene Wahlen forderten. Trotz der Verhängung des Ausnahmezustands, der nächtlichen Ausgangssperre und des Versprechens, die Wahlen auf 2024 vorzuverlegen, haben die Proteste und Zusammenstöße mit den Sicherheitskräften nicht nachgelassen, und es wurden dabei auch Straßen und Verkehrswege blockiert. Zuletzt wurde die Zahl der Todesopfer, zu denen es infolge der Ausschreitungen gab mit 50 Personen beziffert: 41 bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften und 9 an den Folgen der von den Demonstranten errichteten Straßensperren; der letzte Todesfall wurde erst gestern in Moyobamba verzeichnet.
Am vergangenen Sonntag, den 15. Januar, zelebrierte der Erzbischof Carlos Castillo von Lima in geistlicher Verbundenheit mit allen Kirchen des Landes einen Gottesdienst für alle Leidtragenden, Familienangehörigen, Polizeikräften, Ärzten und den vielen jungen Menschen, die während der Proteste im Land ums Leben gekommen sind und deren Fotos auf dem Altar aufgestellt wurden. "Unsere Kirche ist mit unserem Volk verbunden, denn der Herr hat sie 'Volk Gottes' genannt, sein Volk", betonte Erzbischof Castillo.
Der Erzbischof drückte seine Bestürzung und sein Bedauern über die jüngsten Entwicklungen aus und betonte: "Die Kirche steht vor einer grundlegenden, geistlichen Reflexion. Untersuchungen, politische, wirtschaftliche und soziale Interpretationen, sind anderen Bereichen vorbehalten. Wir gehen nicht nach rechts, links oder in die Mitte, wir gehen in die Tiefe. Das ist unser Auftrag! Alles kann perfektioniert werden, wenn wir den Dingen auf den Grund gehen".
Mit Bezug auf die Worte von Papst Franziskus bei dessen Besuch in Lima am 18. Januar 2018, die er insbesondere an die Jugendlichen gerichtet hatte: "Lasst euch die Hoffnung nicht nehmen" wies der Erzbischof von Lima darauf hin, dass derzeit „verschiedene Ereignisse und Interessen unsere Hoffnung als menschliche Gemeinschaft in Peru zu vereinnahmen, doch wir sind ein Volk, das leidet und glaubt, und das die Mission hat, zu wissen, wie man hofft".
"Manchmal denken wir, dass die Ereignisse in Gottes Abwesenheit geschehen aber heute sind wir hier, um wie Johannes der Täufer darauf hinzuweisen, dass Jesus in dieser peruanischen Tragödie gegenwärtig ist... In unserer Trauer um den Tod der Brüder und Schwestern, die in diesen Tagen auf unterschiedliche Weise gewaltsam ums Leben kamen wurden, sind wir nicht allein, weder sie noch wir, Gott ist da... Jesus ist gegenwärtig in jedem Opfers, und jedes Opfer spiegelt das Antlitz des Gottes der Erniedrigten wider".
Der Erzbischof forderte dazu auf, eine Haltung des Friedens anzunehmen und nach friedlichen Wege zu suchen, um die großen Fragen jeder armen Region des Landes zu lösen, und warnte: "Es ist nicht notwendig, den Staat zu liquidieren, dessen Aufbau so viel gekostet hat... Lasst uns nicht glauben, dass durch die Zerstörung des Staates die Dinge in Ordnung gebracht werden, denn durch die Zerstörung des Staates stürzen wir ins Chaos und in die Hände einer einzigen mächtigen Person, die unser Leben auf Brosamen reduzieren wird."
Schließlich die Aufforderung, "das, was wir aufgebaut haben, zu vervollkommnen und das, was schlecht gebaut wurde, zu korrigieren, aber lasst uns das in Ruhe, mit Bewusstsein, in der Reflexion tun... Lasst uns versuchen, uns auf die Bedeutung dieser ungerechten Todesfälle zu konzentrieren, die uns herausfordern, uns zu ändern und zu versuchen, ein brüderliches Land aufzubauen, ein Land von Brüdern, die sich vereinen, einander verstehen und miteinander kooperieren".
(SL) (Fides 17/1/2023)


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