ASIEN/MYANMAR - Bischof Tin Win: “Menschen suchen geistlichen Trost“

Freitag, 23 September 2022 solidarietät   glaube   frieden   bewaffnete konflikte  

Mandalay (Fides) - "Eineinhalb Jahre nach dem Staatsstreich vom 1. Februar 2021 kommt es in einigen Gebieten weiterhin zu Gewalt und es bleibt schwierig, sich einen Ausweg aus dieser Konfliktsituation vorzustellen. Doch wir Gläubigen haben Gott, den Herrn, auf unserer Seite, wir vertrauen auf ihn und wir ermutigen alle Gläubigen, die Hoffnung und das Gottvertrauen nicht zu verlieren", so Erzbischof Marco Tin Win von Mandalay im Interview mit Fides in einem Kommentar zum jüngsten Massaker in Sagaing, einer Ortschaft in seiner Diözese, wo am 16. September mindestens 11 Kinder infolge eines Luftangriffs der regulären Armee auf ein von Zivilisten bewohntes Gebiet starben.
Der Erzbischof stellt fest, dass "der Konflikt weitergeht: Auf der einen Seite verfügt die Armee über strategische Fähigkeiten und schwere Waffen, auf der anderen Seite gibt es einen überzeugten Widerstand in der Bevölkerung, der in den Volksverteidigungskräften zum Ausdruck kommt. Ich kann sagen, dass die Hälfte des Gebiets der Erzdiözese Mandalay von den Gefechten betroffen ist. Die Menschen leiden. Es gibt viele Binnenvertriebene, Christen und Buddhisten, und wir haben fünf Einrichtungen für die Vertriebenen in fünf katholischen Pfarreien eingerichtet; wir tun, was wir können, um das Leid zu lindern".
Zur Tatsache, dass auch Pagoden, Kirchen und Schulen von Bombenangriffen betroffen sind, erklärt der Erzbischof: "Kirchen, Klöster und Schulen nehmen weiterhin mittellose und verzweifelte Menschen auf. Manchmal greift das Militär Kultstätten gezielt an, weil es den Verdacht hat, dass sich dort Widerstandskräfte verstecken".
Erzbischof Tin Win weist auf die Mutlosigkeit hin, die zum Teil auch die christliche Bevölkerung durchdringt, und sagt: "Es ist schwierig, in dieser Dunkelheit, in der Unsicherheit, in den Mühen des täglichen Lebens ein Licht zu sehen. Über 50 Jahre lang wurde der Krieg nur von der Bevölkerung der ethnischen Gruppen in den Randgebieten erlebt und empfunden, die gegen die Armee kämpften. Jetzt spüren wir sie alle und erleben sie am eigenen Leib, sogar in den Städten. Aus diesem Grund hat sich unter den Menschen in Myanmar aber auch in gewissem Sinne eine größere Einheit entwickelt, auch unter den Menschen verschiedener ethnischer Gruppen. Die Menschen von heute verstehen und teilen das Leid anderer, und das erzeugt Empathie und Verbundenheit".
Für Christen sei "der Glaube im Besonderen eine Quelle der Gnade und der Kraft. Der Glaube sagt uns, dass es eine Gnade gibt, die Gott uns sogar in diesem Leiden schenkt. Die Kirchen sind trotz der weit verbreiteten Gefahr immer voll. Die Menschen gehen in die Kirche und beten, weil sie einen tiefen geistlichen Trost spüren, den nur Gott geben kann. Die Gläubigen kommen jeden Tag zusammen, um den Rosenkranz zu beten und sich in den Dienst des Nächsten zu stellen, insbesondere in den Dienst der Kranken, der Verwundeten und der Schwächsten. Diese Kraft kommt vom Herrn. Unsere Priester und Ordensleute begleiten Familien und Gemeinschaften in ihrer prekären Lage, sie gehe den Weg gemeinsam, sie sind wie Jesus mit den Emmaus-Jüngern. Wir sind an eurer Seite, sagen sie zu den Flüchtlingsfamilien. Diese Selbsthingabe wird auch von Buddhisten geschätzt. Und diese Art der Annäherung ist für uns ein Weg der Evangelisierung in einer sehr schwierigen Zeit".
(PA) (Fides 23/9/2022)


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