Rom (Fides) - "Jeder von uns ist in diesen Tagen wie die Jünger Jesu nach der Auferstehung nach Galiläa, dem Ort der ersten Berufung und Nachfolge, gerufen, damit die armenisch-katholische Patriarchalkirche durch euch und eure Entscheidungen einen neuen Anfang erlebt", so Kardinal Leonardo Sandri, Präfekt der Kongregation für die Orientalischen Kirchen, während der Göttlichen Liturgie, die am späten Nachmittag des 20. September in Rom im Päpstlichen Armenischen Kolleg "in Urbe" gefeiert wurde, bei die Bischöfe der armenisch-katholischen Kirche, um den Beistand des Heiligen Geistes für die Arbeit der bevorstehenden Wahlsynode baten, die von Papst Franziskus in die Ewige Stadt einberufen wurde, um den neuen Patriarchen und Nachfolger des am 25. Mai verstorbenen Krikor Bedros XX Ghabroyan zu wählen.
Die armenisch-katholischen Bischöfe hatten, bereits an einer Synode am 22. Juni im libanesischen Kloster der Muttergottes von Bzommar an einer Wahlsynode teilgenommen (vgl. Fides 7.7.2021 und 28.8.2021), Die Sitzungen dieser Synode waren jedoch ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Nach fünfzehn Sitzungstagen hatte kein Kandidat die für die Wahl des neuen Patriarchen erforderliche Zweidrittelmehrheit der Stimmen der 12 an der Synode teilnehmenden Bischöfe erhalten. Deshalb wurden die Sitzungen der Wahlsynode gemäß der kanonischenBestimmungen der Ostkirchen unterbrochen und die Angelegenheit an den Papst verwiesen, der die armenisch-katholischen Bischöfe nach Rom einlud, um an einer neuen Wahlsynode teilzunehmen, die im Päpstlichen Armenischen Kolleg unter dem Vorsitz von Kardinal Sandri, dem Leiter des vatikanischen Dikasteriums für die Ostkirchen, stattfindet.
Die Göttliche Liturgie 20. September wurde von Boutros Marayati, Erzbischof von Aleppo und Administrator der armenisch katholischen Kirche, geleitet und von allen an der Synode teilnehmenden Bischöfen, die bereits in Rom eingetroffen waren, konzelebriert. In seiner Predigt während der Eucharistiefeier wies Kardinal Sandri auf den Rahmen hin, in dem die armenisch-katholischen Bischöfe aufgerufen sind, ihre kirchliche Verantwortung wahrzunehmen, indem sie einen neuen Patriarchen an der Spitze der armenisch-katholischen Kirche wählen.
"Wir beginnen", so der argentinische Kardinal, "mit der Feier der Göttlichen Liturgie, und wir werden uns in diesen Tagen weiterhin vom Sakrament des Altars nähren, indem wir mit einer konkreten Geste den Vorrang zum Ausdruck bringen, den wir Christus geben müssen und wollen, indem wir alle Logik, alle Gedanken und alle menschlichen Interessen überwinden. Wir können nicht ignorieren, dass es diese Dimensionen gibt, und es wäre heuchlerisch, sie zu leugnen, aber wir sind aufgerufen, uns zu fragen, inwieweit wir in der Lage sind, unser Denken zu verändern, indem wir es vor das Licht Christi stellen“. „Wir glauben", so der Präfekt der Kongregation für die Orientalischen Kirchen weiter, "dass auf dem Altar durch das Wirken des Heiligen Geistes in der Kirche die Elemente der Erde, wie Brot und Wein, aufgenommen und verwandelt werden und zur Gegenwart Jesu werden, der für uns gestorben und auferstanden ist. Doch gerade wir, die wir zu Dienern der Eucharistie geweiht sind, die wir in der Epiklese die Ausgießung des Geistes der Weihe anrufen, laufen Gefahr, dem Heiligen Geist zuweilen Grenzen zu setzen, indem wir in uns selbst, in unserem Herzen oder in unserem Urteil über andere dem Kriterium des persönliche Interesses oder, schlimmer noch, dem Geist der Welt folgen".
Kardinal Sandri rief in diesem Zusammenhang die armenischen Bischöfe dazu auf, bei ihren Entscheidungen die intimen spirituellen und pastoralen Dringlichkeiten zu berücksichtigen, die das Leben der über die ganze Welt verstreuten armenisch-katholischen Gemeinden prägen: "Die armenisch-katholische Kirche", so der Kardinal, "weiß, dass ihre Gläubigen heute auf fast allen Kontinenten vertreten sind: die Leiden der Vergangenheit und der Gegenwart, die Suche nach einer festen Heimat und Sicherheit, die Flucht vor den Mächten, die ihr Leben beeinträchtigt haben, haben sie dazu gebracht, sich in alle Welt zu zerstreuen. Sie brauchen Hirten, die sie führen, die sie suchen, die sie beim Namen rufen, wie es der im Evangelium beschriebene gute Hirte tut". Aus diesem Grund "muss der neue Patriarch nicht nur nach traditioneller Definition ‚Caput et Pater‘ sein. Er ist Oberhaupt nur in dem Maße, wie er sich zum Diener machen kann, Vater, wenn er sich für alle seine Kinder verantwortlich fühlt". Bei ihren Entscheidungen, so Kardinal Sandri, können sich die armenisch-katholischen Bischöfe und auch der künftige Patriarch vom Reichtum ihrer eigenen Tradition inspirieren und trösten lassen, wenn sie bedenken, dass "das armenische Volk Gewalt und Verfolgung aus nächster Nähe erlebt hat, aber keine Macht oder menschliche Kraft den Namen Christi von seinen Lippen entfernen konnte".
Wie aus einer Mitteilung der Kongregation für die Orientalischen Kirchen hervorgeht, nehmen die Teilnehmer der Synode am heutigen Dienstag, dem 21. September, und am Mittwoch, dem 22. September, an geistlichen Exerzitien unter Leitung von Kardinal Angelo De Donatis teil. Am Mittwochnachmittag wird Kardinal Sandri dann die Wahlversammlung eröffnen, die er im Namen von Papst Franziskus leiten wird, und die im Rahmen einer Reihe vom Papst genehmigten Regeln stattfindet, die einen positiven Ausgang der Wahlversammlung gewährleisten sollen.
(GV) (Fides 21/9/2021)