Rumbek (Fides) - "Der Anschlag auf Bischof Carlassare macht die südsudanesische Gesellschaft, sowohl Katholiken als auch Nichtkatholiken, betroffen. Wir erwarten, dass die Verantwortlichen identifiziert und für Geste zur Rechenschaft gestellt werden. Obschon wir in den vergangenen Jahren viel Gewalt gesehen haben Jahre, ist diese Tat etwas Anderes. Noch nie wurde die katholischen Hierarchie auf einer so hohen Ebene getroffen", so Schwester Paola Balatti, eine im Südsudan arbeitende Comboni Missionsschwester, im Interview mit Fides. Die Ordensfrau bringt die Bestürzung und die Ängste zum Ausdruck, die im Südsudan am Tag nach dem Angriff auf den Bischof der Diözese Rumbek, Christian Carlassare, zu spüren sind. Der Bischof wurde in ein Krankenhaus in Nairobi (Kenia) gebracht und erholt sich von Schusswunden an seinen Beinen, die ihm von zwei bewaffneten Männern gestern Abend in einem Hinterhalt zugefügt wurde. Bei dem Anschlag handelte es sich vermutlich um einen Einschüchterungsversuch.
Während der südsudanesische Minister für Information und Kommunikation, William Kocji Kerjok, den Anschlag verurteilte, verhaftete die Polizei in der Hauptstadt des Bundesstaates Rumbek insgesamt 24 verdächtige Personen, die im Verdacht standen, mit dem Angriff zu tun zu haben. „In Wirklichkeit wissen wir noch nicht, wer es war“, bekräftigt die Ordensfrau, „Die lokalen Behörden werden den Fall untersuchen. Dies ist das zweite Mal, dass ein katholischer Geistlicher im Lakes State angegriffen wurde. Im Jahr 2018 wurde in Cueibet County ein Jesuit bei einem nächtlichen Überfall erschossen."
Gegenüber dem lokalen Radiosender "Eye Radio" sagte Bischof Carlassare in einer ersten Stellungahme, er verspüre keinen Groll: "Ich weiß, dass die Menschen hier im allgemeinen mehr leiden als ich jetzt für das, was mir passiert ist. Rumbek hat mehr verdient. Deshalb vergebe ich von ganzem Herzen, wer auch immer diese Tat begangen hat“. Bischof Carlassare sagt über die Begegnung mit den Angreifern: „Ich habe versucht, mit ihnen zu sprechen, aber sie haben die Waffe gezogen und mir ins Bein geschossen. Dann flohen sie. Sie waren nicht hier, um mich zu berauben oder zu töten, denn sie hätten mich leicht töten können.“
Zu den vermutlichen Gründen des Anschlags sagt ein Mitbruder des Bischofs, der anonym bleiben möchte: "Sie haben nichts gestohlen, und dies bedeutet, dass der Zweck des Besuchs kein Raub war. Wir glauben, sie wollten ihn dazu bringen, Rumbek zu verlassen. Wir sind davon überzeugt, dass es Gruppen gibt, die keinen ausländischen Bischof wollen, sondern eine Dinka, die mehrheitlich ethnische Gruppe in der Region“. Und er kommt zu dem Schluss: "Wir wissen nicht, ob es Mitglieder der Kirche gibt, die an dieser Aktion beteiligt waren oder ob es sich um Menschen handelt, die mit den lokalen Vertretern der Macht in Verbindung stehen. Sicher ist, dass das weit verbreitete Stammesdenken in den südlichen Grafschaften des Südsudan dazu führt, dass man einen ausländischen Bischof als Bedrohung ansieht."
(EC) (Fides 27/4/2021)