VATIKAN - KONSISTORIUM UND KARDINALSKOLLEGIUM

Montag, 29 September 2003

Vatikanstadt (Fidesdienst) Ursprünglich war das Konsistorium eine feierliche öffentliche Gerichtsverhandlung, an der neben dem Papst und den Kardinälen auch andere Prozessteilnehmer anwesend waren. Im Mittelalter wird das Konsistorium in erweiterter Bedeutung zum Beratungsgremium des Papstes durch die Kardinäle. Es ist wöchentlich mehrmals zusammengetreten, hat wichtige Fragen beraten und Beschlüsse gefasst. Mit der weiteren Ausformung der Kurie durch die Institutionalisierung der Kardinalskongregationen ist die Einrichtung des Konsistoriums seit dem 16. Jahrhundert langsam zurückgedrängt worden. Es dient nun vornehmlich als feierliches Forum zur Vornahme päpstlicher Regierungsakte bzw. zur Bekanntgabe bereits getroffener Entscheidungen.
Mit dem neuen Kirchenrecht von 1983 ist auch das Konsistorium neu geregelt worden. Es ist die beratende Vollversammlung der Kardinäle und wird vom Papst einberufen und geleitet. Hatte es bis dahin drei Formen gegeben (das geheime bzw. ordentliche, das öffentliche bzw. außerordentliche und das halb öffentliche), so gibt es jetzt gemäß can. 353 CIC nur noch zwei Arten:
Ordentliches Konsistorium: Zur Beratung "gewisser schwerwiegender Angelegenheiten" oder "zur Durchführung gewisser besonders feierlicher Akte" werden alle Kardinäle eingeladen, zumindest die in Rom anwesenden. (§ 2). Neben der Beratung wichtiger Kirchenangelegenheiten kann hier der Papst auch Entscheidungen bekannt geben, wie zum Beispiel die Ernennung neuer Kardinäle oder Angelegenheiten im Rahmen von Selig- und Heiligsprechungen.
Ein solches ordentliches Konsistorium kann öffentlich sein, nämlich dann wenn dort "irgendwelche feierlichen Akte vorgenommen werden [z.B. Kardinalsernennungen mit Übergabe der Insignien und Titelkirche] und wenn dort auch andere "Prälaten, Gesandte weltlicher Mächte oder andere hierzu Geladene Zutritt erhalten." (§ 4).
Außerordentliches Konsistorium: Hier werden alle Kardinäle einberufen, "wenn besondere Erfordernisse der Kirche oder die Behandlung schwerwiegenderer Angelegenheiten dies ratsam erscheinen lassen." (§ 3) (Quelle: Deutsche Bischofskonferenz, www.dbk.de)

Kardinal
Begriffsbestimmung, geschichtlicher Überblick und Funktionen
Der Ausdruck Kardinal kommt zum einen vom lateinischen cardo = Türangel, Angel-punkt. Zum andern bezieht er sich ursprünglich auf einen an einer römischen Hauptkirche (cardo) - auch außerhalb Roms - angestellten Geistlichen (in cardinatus1 cardinalis), dem eine Kirche oder Diakonie als Titelkirche (tituli cardinales) in Rom anvertraut ist.
Es handelt sich um die älteste kirchliche Ehrenfunktion, die unmittelbar auf den Papst, den Summus Pontifex, folgt (höchster Würdenträger nach dem Papst). Sie geht auf die älteste Zeit der Kirchengeschichte zurück, nämlich auf Papst Silvester I. (314-336) – presbyteri e diaconi cardinales.
Kardinal ist ein vom Papst verliehener Titel, der den Träger zur Papstwahl berechtigt und ihn zur besonderen Mitverantwortung an der Gesamtleitung der Kirche ("Senat des Papstes") verpflichtet:
Gemäß can. 353 § 1 CIC (Codex des Kanonischen Rechts) helfen sie "dem obersten Hirten der Kirche auf kollegiale Weise hauptsächlich in den Konsistorien, zu denen sie sich auf Anordnung des Papstes und unter seinem Vorsitz versammeln", d.h. sie helfen "durch kollegiales Handeln, wenn sie zur Behandlung wichtigerer Fragen zusammengerufen werden" (can. 349 CIC). Oder sie helfen "als einzelne in Ausübung verschiedener Ämter, womit sie dem Papst vornehmlich in der täglichen Sorge für die Gesamtkirche Hilfe leisten" (can. 349 CIC), so z.B. in der Römischen Kurie, wo sie in der Regel Leitungsfunktionen in den Dikasterien (Kongregationen, Päpstlichen Räten, Tribunalen oder Ämtern) bekleiden, oder durch Übernahme von Verwaltungsaufgaben im Vatikanstaat (als Kurienkardinäle: sie sind nicht Diözesanbischöfe, sie müssen in Rom leben und besitzen die vatikanische Staatsbürgerschaft) - oder als Mitglieder der Kongregationen, Räte, Kommissionen oder sonstigen Päpstlichen Einrichtungen (sie sind Diözesanbischöfe und müssen nach Rom kommen, wenn der Papst sie ruft oder ihre übernommene Aufgabe es erfordert), oder im Rahmen der ihnen eigens übertragenen Ämter (vgl. z.B. can. 334, 356 od. 358 CIC).
Die Zahl der Kardinäle hat sich mit wachsendem Umfang der kirchlichen Angelegenheiten sowie der Ausdehnung der Kirchenverwaltung vergrößert. So hat z.B. das Konzil von Konstanz (1414-1418) ihre Zahl auf 24 festgelegt, Sixtus V. (1585-1590) setzt durch die Konstitution Postquam verus vom 3.12.1586 die Zahl auf 70 fest und teilt das Kollegium in drei Ordnungen (Klassen) ein: 6 Kardinalbischöfe2, 50 Kardinalpriester und 14 Kardinaldiakone. Diese Ordnung gilt bis heute.
Erst Papst Johannes XXIII. (1958-1963) erweitert das Kollegium auf 75 Kardinäle. Nach dem Konsistorium vom 5.3.1973 erhöht Paul VI. (1963-1978) die Zahl der Kardinäle auf 144; Papst Johannes Paul II. legt mit der Apostolischen Konstitution Universi dominici gregis vom 22.2.1996 die Zahl der papstwahlberechtigten Kardinäle auf 120 fest, die er bei der Ankündigung des kommenden Konsistoriums auf 1353 erhöht hat.
Mit Pius XII. (1939-1958) setzt schrittweise die "Internationalisierung" des Kardinalskolle-giums ein. Heute stellen die italienischen Kardinäle nicht mehr die Mehrheit des Kollegiums. Johannes Paul II. hat mit seinen acht Konsistorien4 die Transparenz der Weltkirche in all ihren Facetten deutlich gemacht (siehe "4. Statistiken zum Konsistorium am 21. Februar 2001").
Unter Nikolaus II. (1058-1061) wird erstmals 1059 ein Papstwahldekret erlassen und Alexander III. (1159-1181) verleiht durch das Dekretale Licet de vitanda 1179 den Kardinälen das ausschließliche Papstwahlrecht (gewählt ist, wer mindest 2/3 der wählenden Kardinäle auf sich vereinigen kann; eine Bestimmung, die bis heute gilt.). Gregor X. (1272-1276) führt auf dem II. Konzil von Lyon (1274) durch die Konstitution Urbi periculum das Konklave zur Papstwahl ein, wie es bis heute vorgeschrieben ist, um vor allem weltliche Beeinflussungen bei der Wahl auszuschließen.
Seit den Kurienreformen nach dem II. Vatikanischen Konzil (1962-1965) unter Paul VI. und unter dem jetzigen Papst und in dem neuen Kirchenrecht von 1983 wird festgelegt, dass Kurienkardinäle, "die Dikasterien oder anderen ständigen Einrichtungen der Römischen Kurie oder des Vatikanstaates vorstehen", bei Vollendung des 75. Lebensjahres ihren Amtsverzicht anzubieten haben (can. 354 CIC). Mit Vollendung des 80. Labensjahres sind sie gemäß Motu Proprio Ingravescentem aetatem Pauls VI. vom 21.11.1970 dann auch keine Mitglieder in den Dikasterien der Römischen Kurie oder in den ständigen Organen des Apostolischen Stuhls sowie des Vatikanstaates mehr und sie verlieren das aktive Wahlrecht bei der Papstwahl.
Während der Sedisvakanz (d.h. in der Zeit zwischen dem Ende des Pontifikats – in der Regel nach dem Tod des Papstes – und der Wahl des neuen Papstes) kommen dem Kardinalskollegium bestimmte Leitungsfunktionen zu, ohne dass an der Leitung der Gesamtkirche etwas geändert werden darf.5 Die Kardinäle stehen dann an der Spitze der Regierung der Gesamtkirche sowie des Staates der Vatikanstadt [Lo Stato della Città del Vaticano (SCV)](gem. den Bestimmungen der Lateranverträge von 1929).
Die dringendsten Geschäfte werden in diesem Fall von den Kardinälen in der Generalkongregation6 und in Sonderversammlungen, die täglich vor dem Eintritt ins Konklave stattfinden, behandelt und erledigt: insbesondere Angelegenheiten, die mit dem Begräbnis des verstorbenen Papstes zu haben und die für den Beginn und die Durchführung des Konklaves wichtig erscheinen.
Mit Ausnahme des Camerlengo der Hl. Römischen Kirche, des Großpönitentiars sowie des Generalvikars der Diözese Rom verlieren alle Kurienkardinäle an der Spitze der verschiedenen Dikasterien mit dem Tod des Papstes ihre Ämter. Die Kongregationen und Gerichtshöfe behalten während der Sedisvakanz ihre üblichen Kompetenzen, ihre Funktionen als Exekutivorgane sind aufgehoben.
Kardinalsernennungen
Der Papst ernennt die neuen Kardinäle in einem Konsistorium, wobei aus politischen Gründen manchmal der Name des Auserwählten nicht genannt wird. Er bleibt "Kardinal in pectore", die Namensnennung erfolgt dann in einem der nächsten Konsistorien. Erst mit der Namensnennung tritt der in pectore zum Kardinal Kreierte "in die Pflichten und Rechte ein, wobei jedoch seine Rangfolge vom Tage der Reservation an zählt" (can. 351 § 3 CIC).
Seit dem Konzil von Trient (24. Sitzung am 11.11.1563, cap. I) sind die Voraussetzung für das Kardinalat gleich geblieben:
Eheliche Geburt, frei von Irregularitäten und Weihehindernissen; "sie müssen wenigstens die Priesterweihe empfangen haben, sich in Glaube, Sitte, Frömmigkeit sowie durch Klugheit in Verwaltungsangelegenheiten auszeichnen." (can. 351 § 1 CIC).
Die Auswahl der neuen Kardinäle geschieht frei und ohne Beeinflussung bzw. Intervention ziviler Mächte aus dem Kreis der Bischöfe und Geistlichen aus aller Welt. Ihre Kreierung vollzieht der Papst durch Dekret, das vor dem Kardinalskollegium verkündet wird.
Recht und Ehrenrechte des Kardinals
Der Kardinal besitzt das Recht, in seiner eigenen Kirche begraben zu werden, er kann überall in der Welt das Bußsakrament spenden, er darf nur vor das Gericht des Papstes gezogen werden und kann den Ort zur Zeugenvernehmung selbst bestimmen.
Über seine Titelkirche übt er keinerlei Leitungsgewalt aus, wohl aber beratende Schirmherrschaft.
Zu den Ehrenrechten gehört der Kardinalspurpur und die Anrede "Eminenz". (Quelle: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, www.dbk.de) (Fidesdienst, 29/9/2003 – 119 Zeilen, 1.332 Worte)


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