Basel (Fidesdienst) - Wie hat sich das Phänomen der Zuwanderung in Deutschland in den vergangenen Jahren entwickelt? Welche Maßnahmen sollten Politiker und öffentliche Verwaltung ergreifen? Auf diese und andere Fragen versucht der sechste Bericht zur Situation der Zuwanderer zu antworten, der vom Büro der Bundesbeauftragten für Migration, Flüchtlinge und Integration veröffentlicht wurde. Wie aus den Statistiken des Jahres 2004 hervorgeht, leben in Deutschland im Vergleich zur Vergangenheit weniger „Ausländer“ und mehr „Zuwanderer“. Infolge der Einbürgerung und des Rückgangs der Zuwanderung in den vergangenen Jahren ist die Zahl der Personen mit einem Pass eines anderen Landes von 6,7 Millionen (8% der Gesamtbevölkerung) gesunken. Im Vergleich zu den 90er Jahren sind das 600.000 Ausländer weniger.
Diese Statistiken zeigen jedoch das multikulturelle Gesicht der Bevölkerung nicht vollständig: insgesamt rund 14 Millionen Menschen sind Zuwanderer. Dazu gehören neben den 6,7 Millionen Ausländern etwa 1,8 Millionen Ausländer, die die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten haben, 45, Millionen Aussiedler (deutschstämmige Zuwanderer aus Osteuropa, insbesondere Russland) und 1,5 Millionen Kinder von Eltern unterschiedlicher Nationalität. Eine von fünf Ehen wird zwischen Partnern unterschiedlicher Nationalität geschlossen und ein Viertel der Neugeborenen haben mindestens einen ausländischen Elternteil. In einigen städtischen Gebieten stammen 40% der Kinder aus Zuwandererfamilien.
Ein weiterer interessanter Aspekt ist die Tatsache, dass die Zuwanderer heute aus mehr verschiedenen Ländern stammen, weshalb die Vielfalt der Lebensstile, Kulturen und Religionen zugenommen hat. Dieses Phänomen wird in Zukunft aus demographischen Gründen zunehmen und es wird dabei auch zu einer Diversifikation des gesellschaftlichen und rechtlichen Status der Zuwanderer kommen: technische Fachkräfte und hochqualifizierte Akademiker, Saisonarbeiter in den Niedrigeinkommenssektoren, illegale Einwanderer, Angehörige der Zuwanderer, ausländische Studenten, Flüchtlinge, Flüchtlinge mit einer zeitlich begrenzten Aufenthaltserlaubnis, ausländische Ehepartner deutscher Staatsbürger, Aussiedler mit deutschem Pass, Kinder von ausländischen Eltern der zweiten und dritten Generation… usw.
Die Bundesbeauftragte für Migration weist in ihrem Bericht darauf hin, dass ein solcher strukturelle Wandel der Bevölkerung große Herausforderungen mit sich bringt. Aus diesem Grund dürfe die Integrationspolitik nicht nur als ein Gefüge von Maßnahmen zugunsten der Zuwanderer oder der Minderheiten darstellen, und sie dürfe sich ebenso wenig auf die Förderung von deutschen Sprachkenntnissen oder Integrationshilfen beschränken. Es müsse eine Sozialpolitik geben, die in den verschiedenen Bereichen, die zunehmenden Vielfältigkeit der Bevölkerung berücksichtigt. Alle Institutionen sollten sich deshalb notwendigerweise der interkulturellen Dimension öffnen: Schulen, Büros, Krankenhäuser, Altersheime und nicht zuletzt auch der Arbeitsmarkt. Insbesondere in großen Städten, die heute zu den Kontenpunkten eines globalen Netzes geworden sind, sollten Aktionspläne erstellt werden, damit Stadtteile zu Orten der gesellschaftlichen Integration werden.
Die Bundesbeauftragte betont in ihrem Bericht auch, dass die Integration auf der Grundlage der Prinzipien der Verfassung, des Rechtsstaats, der Menschenwürde, der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau, und der Religions- und Meinungsfreiheit stattfinden sollte. Dies alles dürfe nicht im Namen einer Religion oder einer besonderen Kultur in Frage gestellt werden. Die Pluralität mache die Übereinstimmung hinsichtlich gemeinsamer Werte und Regeln nicht einfacher aber um so notwendiger. Die multikulturelle Realität sei eine Tatsache und die Realität, in der wir leben, während es bei der Integration um eine Aufgabe und ein Engagement gehe. Die Politik sei deshalb berufen, sich für die Umsetzung der gleichen Rechte und Pflichten für alle einzusetzen und müsse gleichzeitig die Identität der Einheimischen und der Zuwanderer mit den Prinzipien einer demokratischen und pluralistischen Gesellschaft. (Luisa Deponti, Missionarin des Säkularordens der Scalabrinianer, Zentrum für Studien und Forschung zu Migrationsfragen, Basel) (Fidesdienst, 15/07/2005 - 50 Zeilen, 540 Worte)