AMERIKA/USA - „Als US-amerikanische Muslime können wir zur Verständigung zwischen Ost und West beitragen“, so der Imam der muslimischen Gemeinde der Georgetown University in Washington

Mittwoch, 22 Juni 2005

Rom (Fidesdienst) - „Zwischen den muslimischen Gemeinden in den Vereinigten Staaten und in den europäischen Staaten gibt es Unterschiede“, so der Imam der islamischen Gemeinde der Georgetown University in Washington DC, der sich derzeit anlässlich eines Besuchs der Universität Mailand in Italien aufhält. „Vor allem gibt es in den Vereinigten Staaten mindestens 3 Millionen einheimische Muslime, die in Amerika geboren wurden, deren Muttersprache Englisch ist und die sehr gut in die einheimische Gesellschaft und Kultur integriert sind“, so der Imam. „Im Unterschied zu Europa kommen die meisten Muslime, die in die Vereinigten Staaten einwandern, zum Studium an unseren Universitäten in das Land und entscheiden sich erst später für einen längeren Aufenthalt und die Suche nach einer ihrem Bildungsgrad angemessenen Arbeit. In den Vereinigten Staaten gibt es also viele Muslime, sowohl Einheimische als auch Ausländer, die der mittleren und höheren Gesellschaftsschicht angehören und als Ärzte, Ingeneure oder Anwälte tätig sind. Viele Muslime stellen sich als Bürgermeister oder Soldaten, auch in höheren Rängen der Armee, in den Dienst der Vereinigten Staaten. Es handelt sich also um eine Gemeinde, deren Mitglieder seit jeher in das soziale Gewebe und in die politische und wirtschaftliche Struktur der Vereinigten Staaten integriert sind“.
„In Europa hingegen“, so der Imam weiter, „sind die meisten Einwanderer Muslime, die aus wirtschaftlichen Gründen einwandern und oft Arbeiten verrichten, die Europäer nicht verrichten wollen, und sie laufen dabei oft Gefahr, aus der Gesellschaft ausgeschlossen zu bleiben. Europa hat jedoch den Vorteil, dass es näher bei der arabisch-muslimischen Welt und zum Beispiel der Türkei ist, als die Vereinigten Staaten. Diese Nähe darf jedoch nicht als ein Problem betrachtet werden, sondern als ein Gelegenheit zum Dialog und zum Aufbau einer besseren Welt. Ich weiß, dass man dabei gegenseitiges Misstrauen überwinden muss, das aus der Jahrhunderte langen Geschichte der Beziehungen zwischen Europa und dem Islam herrührt“.
Zur Rolle der Religion in der europäischen und amerikanischen Gesellschaft erklärt der Imam: „Ich habe den Eindruck, als ob Europa fast Angst vor der Religion als solcher hat: es ist schwierig, den Beitrag der christlichen, jüdischen und muslimischen Welt und ihrer verschiedenen Ausdrucksformen in die politische Debatte einzubringen. In den Vereinigten Staaten ist das anders: der Staat garantiert allen Bürgern die Religionsfreiheit, doch dies bedeutet nicht, dass die Vision der einzelnen Glaubensrichtungen nicht auch den eigenen Beitrag im Bemühen um das Gemeinwohl leisten kann. Ich glaube deshalb, dass Europa nach Amerika blicken sollte, wenn es darum geht die kulturelle und politische Debatte harmonischer und vollständiger zu gestalten und dabei auch den Beitrag der Religionen vor allem bei Thematiken wie moralischen Werten, Familie und sozialer Gerechtigkeit zu berücksichtigen.“
Abschließend betont Herr Hendi, dass „die amerikanischen Muslime auch zur Lösung von Krisen wie zum Beispiel im Sudan oder dem Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern teilnehmen und den Dialog zwischen den Parteien durch ihr Beispiel als integrierte, offene und zur Zusammenarbeit bereite Gemeinde fördern. Als islamische Gemeinde im größten Land der westlichen Welt besitzen wir meiner Ansicht nach die Fähigkeit unterschiedliche Positionen besser verständlich zu machen, denn wir leben gleichzeitig in der westlichen und in der islamischen Kultur.“ (LM) (Fidesdienst, 22/06/2005 - 44 Zeilen, 528 Worte)


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