AFRIKA/SUDAN - „Die sudanesische Regierung spielt mit dem Begriff ‚Janjaweed’“. Kommentar eines über lange Jahre im Sudan tätigen Missionars

Freitag, 24 September 2004

Khartum (Fidesdienst) - „Die sudanesische Regierung ist an Wortspiele gewöhnt und damit soll auch diesmal die internationale Staatengemeinschaft irre geführt werden“, so ein Missionar, der über lange Jahre im Sudan tätig war, im Gespräch mit dem Fidesdienst, in einem Kommentar zu den jüngsten Äußerungen sudanesischer Regierungsvertreter zur Entwaffnung der „Janjaweed“-Milizen. Der Generalsekretär der Regierungspartei CN (National Congress), Ibrahim Omar, hatte erklärt, man werde nicht die arabischen Volksstämme in Darfur entwaffnen, sondern ausschließlich die Milizen, auf die die Bezeichnung „Janjaweed“ zutreffe. „Die sudanesische Regierung und die internationale Staatengemeinschaften definieren den Begriff ‚Janjaweed’ unterschiedlich“, so der Regierungsvertreter bei einer Pressekonferenz der sudanesischen Regierung in Ägypten, „Die Entwaffnung der arabischen Milizen, so wie sie die Regierung versteht, hat bereits begonnen, doch wir können die arabischen Stämme und ihre Häuptlinge nicht als ‚Janjaweed’ bezeichnen“.
„Die Bezeichnung ‚Janjaweed’ existiert erst seit relativ kurzer Zeit“, so der Missionar. „Bis Ende in die 80er Jahre wurden diese Milizen als ‚Murahilin’ bezeichnet, was so viel heißt wie ‚Nomaden’. Diese Milizen wurden gegen andere sudanesische Völker eingesetzt, insbesondere gegen das Volk der Nuba“, so der Missionar weiter. „Den ‚Murahilin’-Milizen gehörten wie heute die ‚Janjaweed’-Milizen vor allem Angehörige arabischer Hirtenvölker an, insbesondere Mitglieder der Reizeigat Baqqara. Die Regierung versuchte mit Hilfe dieser Stämme aufständische Bevölkerungsteile zu unterdrücken. Die Milizen begründen ihr Vorgehen mit den Koranversen über den Heiligen Krieg und sind deshalb ermächtigt, feindliche Völker zu plündern oder zu ermorden, deren Frauen und Kinder zu versklaven und das Land und die Tiere des Feindes in ihren Besitz zu bringen.“
Nach Einschätzung des Missionars geht es dabei um eine Logik, die vielmehr nationalistischer als religiöser Art ist: „Verschiedene Wissenschaftler vertreten die Ansicht, dass der Sudan keine Nation, sondern ur ein Zusammenwirken verschiedener Volksstämme sei. Die Regierung versucht die schwächsten Volksstämme unterzuordnen und stützt sich dabei auf arabischsprachige und muslimische Völker bei der Schaffung einer Nation. Die verschiedenen Regime, die sich in Khartum abgelöst haben, verfolgten dabei stets dieselbe Politik: der ganze Sudan sollte arabisiert oder islamisiert werden, damit ein nationaler Zusammenhalt entstehen kann.
„Die Religion wird dabei neben ethnischen Elementen als Instrument benutzt. Die in Darfur agierenden Rebellenbewegungen bestehen zum Beispiel aus Muslimen, die jedoch nicht arabischen Völkern angehören. In diesem Konflikt steht also das ethnische Element im Vordergrund, wobei man sich trotzdem auf die Verse über den Heiligen Krieg beruft, wenn es darum geht, die aufständischen Bevölkerungsteile zu unterwerfen“, so der Missionar abschließend. (LM) (Fidesdienst, 24/09/2004 - 36 Zeilen, 409 Worte)


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