AMERIKA/HAITI - Apostolischer Nuntius zum Fidesdienst: „Die humanitäre Lage ist immer noch katastrophal: Über eine Million Menschen leben in Zelten und ihre Zahl steigt“

Dienstag, 21 September 2010

Port-au-Prince (Fidesdienst) – „Die humanitäre Lage ist immer katastrophal. Über eine Million Menschen leben seit dem Erdbeben in provisorischen Camps und anstatt zu sinken, steigen die Zahlen. Auch die Armen, die aus den Provinzen des Landes kommen und um Hilfe bitten, kommen in die Camps“, so der Apostolische Nuntius auf Haiti, Erzbischof Bernardito Auza, im Gespräch mit dem Fidesdienst zur Situation in Haiti, neun Monate nach dem verheerenden Erdbeben, das das Land am 12. Januar 2010 erschütterte. „Es sind viele neue provisorische Camps auf den Hügeln im Norden von Port-au-Prince entstanden“, so der Nuntius weiter, „denn die Menschen haben nun Angst vor Überschwemmungen, die Gott sei Dank bisher noch ausgeblieben sind. Bisher gab es auch keine Tropensturm und es kam auch nicht zu heftigen Regenfällen, weshalb bisher keine akute Überschwemmungsgefahr bestand“.
Bischof Auza unterstreicht, dass „eine Lösung für das Obdachlosenproblem bisher nicht in Aussicht steht. Das erst Übergangscamp, das von der Regierung und der internationalen Staatengemeinschaft in Corail im Nordosten der Hauptstadt eingerichtet wurde, scheint sein Ziel verfehlt zu haben. Des gibt dort keine Dienstleistungen und auch viele andere Dinge fehlen. Es heißt, dass erst rund die Hälfte der rund 10.000 Menschen, die dort Unterkunft gefunden hatten, wieder in die Stadt zurückkehren konnte. Meiner Meinung nach ist die beste Strategie, die des Catholic Relief Services CSR, der die Familien in ihre Heimatgemeinden zurückführt, in ihre Stadtviertel und dorthin wo ihre Wohnungen waren. Es werden zwar keine endgültigen Wohnungen mit staatlicher Hilfe gebaut werden, denn dass ist zu teuer und es ist auch nicht Angelegenheit der Regierung oder der internationalen Staatengemeinschaft dies zu tun, denn es gibt noch viele andere dringende Erfordernisse. Es gibt jedoch mehrere Nichtregierungsorganisationen, die den Menschen beim Bau von Wohnungen helfen“.
Am 28. November sind im Land Präsidentschaftswahlen und die Wahl der Abgeordneten und Kommunalverwaltungen geplant. Diesbezüglich sagt der Erzbischof: „Politische Probleme (wie der Boykott der Opposition) und die Bewältigung logistischer Angelegenheiten (wie zum Beispiel die Registrierung der Wähler und die Erstellung von Personalausweisen) sind enorm, doch Haiti und die internationale Gemeinschaft glauben daran, dass trotzdem Wahlen stattfinden sollten, damit die Stabilität konsolidiert werden kann. Es gibt allein 19 Kandidaten für das Amt des Präsidenten der Republik“.
Abschließend spricht der Vatikanvertreter über den Stand des Wiederaufbaus: „Der Wiederaufbau hat im Grunde noch gar nicht begonnen. Der Staat hat bereits ein Gebiet im Zentrum der Hauptstadt Port-au-Prince definiert, das vom Erdbeben fast völlig zerstört wurde, hier so auch das künftige Regierungsviertel mit staatlichen Gebäuden und Ministerien entstehen, doch die Pläne dafür liegen noch nicht vor. Hier befindet sich auch das Grundstück der Kathedrale, die bei dem Erdbeben ebenfalls einstürzte. Die Kirche hat ebenfalls viele Pläne, doch auch wir konnten mit dem Bau noch nicht beginnen. Wir hoffen, dass zum ersten Jahrestag des Erdbebens die ersten Projekte, wie zum Beispiel der Bau des neuen Priesterseminars auf den Weg gebracht werden können. Derzeit sind die Seminaristen noch in großen Zelten untergebracht, die auch Jahre überdauern könnten, doch wir hoffen, dass wir innerhalb der kommenden drei Jahre ein neues modernes Seminar haben werden“. (CE) (Fidesdienst, 21/09/2010)


Teilen: