VATIKAN - „AVE MARIA“ von Mgr. Luciano Alimandi - Die Umarmung der Mutter

Mittwoch, 13 Mai 2009

Vatikanstadt (Fidesdienst) – “Bleibt in mir, dann bleibe ich in euch. Wie die Rebe aus sich keine Frucht bringen kann, sondern nur, wenn sie am Weinstock bleibt, so könnt auch ihr keine Frucht bringen. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen. Wer nicht in mir bleibt, wird wie die Rebe weggeworfen und er verdorrt. Man sammelt die Reben, wirft sie ins Feuer und sie verbrennen. Wenn ihr in mir bleibt und wenn meine Worte in euch bleiben, dann bittet um alles, was ihr wollt: Ihr werdet es erhalten. Mein Vater wird dadurch verherrlicht, dass ihr reiche Frucht bringt und meine Jünger werdet.
In diesem Abschnitt aus dem Evangelium zeigt uns Jesus das Geheimnis unseres inneren Lebens, der wahren geistlichen Fruchtbarkeit einer Seele: „In ihm bleiben“. Er lädt immer wieder dazu ein, in ihm zu „bleiben“, ein Verb, das dutzende Male im Johannesevangelium auftaucht. Jesus gibt uns zu verstehen, dass wir, damit wir in Ihm bleiben, auch seiner Worte verinnerlichen müssen.
Seine Worte bleiben in unserem herzen, in dem Maß, in dem wir sie mit unserem Leben bezeugen. Es ist keine Gedächtnisübung, die Jesus von uns verlangt, sondern die Übung im Leben! Wenn wir das leben, was er uns sagt, werden wir in ihm bleiben uns sein Leben wird in uns fließen und uns an das Evangelium binden wie die Rebe an den Weinstock gebunden ist. Das Wort des Herrn wird nicht nur gehört werden, sondern es wird sich in unser Leben einfügen und es verwandeln. Es wird keine Inkonsequenz zwischen Glauben und Leben, zwischen dem geglaubten und dem gelebten Wort geben, nur dann wenn Jesus sich entfernt und wir allein mit unserem ich und unseren Sehnsüchten bleiben.
Zu den Worten, die Jesus als Testament seiner Liebe zu uns hinterlassen hat und damit sie Boten des übernatürlichen Lebens werden, wenn wir sie leben, gehört sein Ausruf am Kreuz, am Karfreitag, in den letzten irdischen Stunden seines Lebens: „Siehe, deine Mutter“ (Joh 19,27).
Dieses Wort, das vom Diener Gottes, Johannes Paul II. so oft kommentiert wurde, können wir uns in diesem Monat, der gemäß der Tradition der Muttergottes gewidmet ist, besonders zu eigen machen. Am 13. Mai feiern wir das Fest der Jungfrau von Fatima und damit den Tag ihrer ersten Erscheinung, an jenem Ort, der wie die anderen großen Marienheiligtümer, zu einem Ort geworden ist, der dieses Anvertrauen darstellt.
Papst Johannes Paul II. erläuterte in einer denkwürdigen Predigt im Heiligtum von Fatima genau ein Jahr nach dem Attentat, das auf ihn auf dem Petersplatz verübt wurde, das Geheimnis der geistlichen Mutterschaft Mariens, das dieses Anvertrauen offenbart. Er erläuterte die tiefe Bedeutung und stellte dabei eine Verbindung her, zwischen der Mutterschaft und der Kraft des Heiligen Geistes.
„Seit der Zeit, in der Jesus bei seinem Tod am Kreuz zu Johannes sagte; ‚Siehe, deine Mutter’; seit der Zeit zu der der Jünger ‚sie zu sich nahm’ hat sich das Geheimnis der geistlichen Mutterschaft Mariens in unserer Geschichte in einer grenzenlosen Weite erfüllt. Nun, wenn Maria die Mutter aller Menschen ist, dann ist ihre Fürsorge für das Leben des Menschen von universaler Tragweite. Die Sorge einer Mutter umfasst den ganzen Menschen. Die Mutterschaft Mariens beginnt mit der mütterlichen Sorge um Christius. In Christus hat sie unter dem Kreuz Johannes angenommen und mit ihm jeden Menschen und den ganzen Menschen. Maria umarmt alle mit der besonderen Fürsorge des Heiligen Geistes. In der Tat ist er es, der, wie wir in unserem Glaubensbekenntnis bekräftigen, der das Leben schenkt. Und er ist es, der die Fülle des Lebens schenkt, die sich der Ewigkeit öffnet. Die geistliche Mutterschaft Mariens ist damit eine Teilhabe an der Kraft des Heiligen Geistes, an dem ‚der das Leben schenk’. Sie ist gleichsam demütiger Dienst derjenigen, die von sich sagt: ‚Ich bin die Magd des Herrn’ (Lk 1,38)“ (vgl. Johannes Paul II. Predigt im Heiligtum der Jungfrau von Fatima, 13. Mai 1982).
Damit wir wahre Jünger Christi sind, müssen wir alle seine Worte erfüllen, bis zu jenem letzten: ‚Siehe, deine Mutter’. Dies ist eines der Worte, die wir am leichtesten im Leben umsetzen können, es bedarf nur einer minimalen Anstrengung, wenn wir uns Maria ‚anvertrauen’ wenn wir dafür sorgen, dass unsere Herz auf ganz natürliche Weise von dem ihren angezogen wird, fast spontan, so wie es mit einem Kind und der eigenen Mutter geschieht. Dieses „Tendieren“ geht auf die Ursprünge unserer menschlichen Existenz zurück, das im Schoß unserer Mutter begann. Auch nach dem Durchtrennen der Nabelschnur, bleibt eine andere noch tiefere Verbindung, die nicht durchschnitten werden kann, sondern das Herz auf untrennbare Weise an die Figur der Mutter bindet.
Die Verbindung zur eigenen Mutter ist ursprünglich, deswegen ist es auch nicht schwer, mit der Mutter aller Mütter, der Jungfrau Maria eine übernatürliche Verbindung herzustellen, die ähnlich ist, wie die Beziehung, die wir zu unserer natürlichen Mutter haben. Wer braucht seine Mutter nicht, und damit umso mehr dieses Mutter! ‚Siehe deiner Mutter’, als Kleine oder als Große, in der Freude oder im Schmerz, ob wir sie gesucht haben, oder ob wir fast ‚zufällig’ entdeckt haben, lässt uns diese Verbindung zu Maria, Schritt um Schritt, die ganze Zärtlichkeit, den ganzen Schutz, die ganze Fürsorge erfahren … dieser Mutter, die sich um uns alle kümmern kann. Nicht nur der Priester erfährt, wenn er sich Maria weiht, wie sehr sein Leben von dieser mütterlichen Fürsorge um ihn erfüllt wird, sondern jeder Christ, der die Gottesmutter liebt, weiß aus Erfahrung, was der heilige Bernhard in seinem Gebet zur Jungfrau sagt: „Man hat nie gehört, dass jemand auf der Welt, wenn er um deinen Schutz, deine Hilfe, dein Fürsprache gebeten hat, von der allein gelassen worden ist“ (vgl. „Memorare“ des heiligen Bernhard). (Fidesdienst, 13/05/2009 – 71 Zeilen, 965 Worte)


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