AFRIKA/MADAGASKAR - „Der Bürgermeister Rajoelina konnte die Wut der Menschen bündeln, die seit langem in der Bevölkerung schwelte“, so Mitarbeiter von Radio Don Bosco, dem größten katholischen Radiosenders des Landes im Gespräch mit dem Fidesdienst

Donnerstag, 29 Januar 2009

Antananarivo (Fidesdienst) – die Lage in Madagaskar bleibt angespannt, obschon es keine weiteren Unruhen gemeldet wurden. Die Bilanz der Unruhen, zu denen es in den vergangenen Tagen kam, steigt weiter (80 Tote im ganzen Land, nach Angaben des französischen Ministers für Zusammenarbeit, Alain Joyandet). Unterdessen erhebt Staatspräsident Marc Ravalomanana gegen zwei Oppositionsvertreter den Vorwurf, die Bürger zu den Unruhen angestiftet zu haben und verlangt deren Festnahme. Es handelt sich um den ehemaligen Bürgermeister Tamatave (Toamasina) und Roland Ratsiraka, Neffe des ehemaligen Präsidenten Didier Ratsiraka, der sich derzeit in Paris im Exil aufhält und des ehemaligen Armeegenerals Dolin Rasolosaoa, der zur Equipe des Bürgermeisters von Antananarivo, Andry Rajoelina gehört, der als größter Widersacher des Präsidenten gilt und zum Generalstreik und öffentlichen Protestkundgebungen aufgerufen hatte, bei denen es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen kam (vgl. Fidesdienst vom 27. und 28. Januar 2009).
„Wir glauben, dass diese Festnahmen in einem solchen Klima der Spannung, das im Land derzeit herrscht, nicht durchgeführt werden können. Zudem hat Rajoelina bereits erklärt, er werde sich dem widersetzen“, so Mitarbeiter von Radio Don Bosco, dem größten katholischen Radiosender des Landes im Gespräch mit dem Fidesdienst.
„Es handelt sich um eine äußerst komplexe Krise“, so die Beobachter zum Fidesdienst. „Der Bürgermeister Rajoelina konnte die Wut der Menschen bündeln, die seit langem in der Bevölkerung schwelte. Die Gründe dafür ist die Frustration im wirtschaftlichen und sozialen Bereich: die Mehrheit der Bürger sehen keine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage, während sie der Ausbeutung der Ressourcen des Landes durch ausländische Unternehmen untätig zusehen müssen. Staatspräsident Ravalomanana wurde 2002 nach einem heftigen Machtkampf mit Ratsiraka (der das Land Jahrzehnte lang regierte) gewählt worden und man hoffte auf einen tatsächlichen Wandel. Doch die Bürger des Landes müssen weiter mit ansehen, wie die Reichtümer des Landes ausgebeutet werden und das Staatsoberhaupt sich bereichert, ohne dass sie selbst etwas dafür bekommen“.
Ravalomanana ist ein reicher Unternehmer, dem unter anderem Fernseh- und Radiosender gehören sowie Lebensmittelfabriken und eine im ganzen Land verbreitete Supermarktkette. „Auch die Grund, der die Proteste auslöste, nämlich die Schließung des Fernsehsenders „TV Viva“, der dem Bürgermeister von Antananarivo gehört“, so der Beobachter weitern, „ist nur ein Symptom für das Klima im Zusammenhang mit der Kontrolle der Medien des Landes. Staatliche Radio- und Fernsehsender werden zunehmend Sprachrohr der Regierung, während über die Opposition immer weniger berichtet wird. Dass zwei staatliche Sender geplündert und in Brand gesteckt wurden ist ebenfalls ein Zeichen der Frustration: diese Sender sind nicht mehr zum Nutzen aller, sondern nur die Stimme einer Seite“.
Was die Zukunft des Landes anbelangt sind die Mitarbeiter von Don Bosco vorsichtig: Rajoelina, der im Zusammenhang mit den Protesten oft genannt wird, ist nicht der wahre Herausforderer von Ravalomanana. Zudem ist er erst 34 Jahre und die Verfassung des Landes schreibt ein Mindestalter von 40 Jahren für den Kandidaten für das Präsidentenamt vor. Der Bürgermeister von Antananarivo ist vielmehr ein Symbol hinter dem sich andere Vertreter der Opposition verbergen, die sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht zeigen. Vielleicht warten sie auf einen günstigen Moment, damit ein politisches Programm vorgestellt werden kann, das eine Alternative zu dem des derzeitigen Präsidenten sein könnte.“ (LM) (Fidesdienst, 29/01/2009 – 47 Zeilen, 554 Worte)


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