ASIEN/INDONESIEN - HUMANITÄRE KRISE UND GEWALT GEGEN ZIVILISTEN IN ACEH – RELIGIONSFÜHRER FORDERN ENDE DER GEGENSÄTZE

Montag, 2 Juni 2003

Jakarta (Fidesdienst) – „Die allgemeine Gewalt mach den Menschen Angst. Die Situation scheint noch schlimmer als in Osttimor. Der Angriff war geplant und niemand war in der Lage ihn zu stoppen. Viele Zivilisten mussten sterben, Schulen wurden in Brand gesteckt, tausende Menschen aus ihren Wohnungen vertrieben“, wird aus kirchlichen Kreisen in Indonesien über die Lage in Aceh (Nordsumatra) berichtet, wo vor nunmehr fast drei Wochen ein Konflikt zwischen den regulären Streitkräften und den Rebellen des Free Aceh Movement (GAM) ausgebrochen ist. „Intellektuelle, Menschenrechtskämpfer, Religionsführer“, so die Fidesquellen weiter, „hatten vorhergesagt, dass ein Angriff vor allem für die Zivilbevölkerung schlimme Folgen mit sich bringen würde. Dies ist heute zur tragischen Realität geworden: die örtlichen humanitären Einrichtungen, denen es am Mitteln und Umfang fehlt, sind der Situation nicht gewachsen und die Regierung hat anderen Hilfswerken verboten, nach Aceh zu kommen.“
Zwei Wochen nach Ausbruch des Konflikts (19. Mai) stehen im äußersten Norden Sumatras 40.000 indonesische Soldaten etwa 5.000 GAM-Milizionären gegenüber. Für die militärischen Handlungen hat die indonesische Regierung insgesamt 143 Millionen Dollar zur Verfügung gestellt. Nach offiziellen Schätzungen wurden infolge der Gefechte bereits über 23.000 Menschen aus ihren Wohnungen vertreiben, insgesamt leben in den Konfliktgebieten über 1,5 Millionen Menschen.
Besorgniserregend ist vor allem auch die Situation der über 40.000 Kinder und Jugendlichen im Schulalter nachdem 400 Schulgebäude genau in der Zeit der Abschlussexamen durch Brandanschläge zerstört wurden. Dafür schieben sich reguläre Soldaten und Rebellen gegenseitig die Schuld zu.
Sidney Jones der das Internationale Politikwissenschaftliche Studienzentrum „International Crisis Group“ mit Sitz in Brüssel leitet kritisierte den Beschluss der indonesischen Regierung, humanitäre Hilfen für die Zivilbevölkerung in Aceh nicht zu genehmigen.
Nachdem Menschenrechtsverstöße und summarische Hinrichtungen durch Soldaten der indonesischen Streitkräfte bekannt wurden hat die Indonesische Menschenrechtskommission Beobachtern nach Aceh entsandt, die die Situation vor Ort kontrollieren sollen. In Jakarta wurde unterdessen das Büro der Menschenrechtsorganisation „Kontras“, die sich öffentlich gegen den Konflikt geäußert hatte, von fanatischen Gruppen geplündert.
Unterdessen fordert das „National Moral Movement“, in dem sich indonesische Religionsführer zusammenschließen, in einer offiziellen Verlautbarung die Beendigung der Gewalt in Aceh und die Suche nach einer friedlichen Lösung für diese gemarterte Region in Nordsumatra. Die Religionsführer, die im März auch von Papst Johannes Paul II. in Audienz empfangen worden waren, erinnern daran, dass „die Menschen in Aceh ihre Heimat lieben und die Regierung um Engagement für Gerechtigkeit und Gemeinwohl bitten“. Das Papier wurde auch vom Erzbischof von Jakarta, Kardinal Julius Daarmatmadja unterzeichnet, der die Katholiken in diesem Forum vertritt; zu den weiteren Unterzeichnern gehören auch Hsyim Musadi, Vorsitzender der größten muslimischen Organisation in Indonesien (Nahadlatul Ulama), der protestantische Pastor A.A. Yewangoe und der muslimische Intellektuelle Nurchoslish Madjid.
In ihrer gemeinsamen Verlautbarung weisen die Religionsführer auch darauf hin, dass „die Aceh-Frage alle Indonesier betrifft“, da „ein Zusammenbruch des Friedens die Einheit der ganzen Indonesischen Republik gefährden würde“. Sie bedauern, dass „die Menschen in Aceh, also ein Teil der indonesischen Bevölkerung, auf der Suche nach der Befreiung von Ungerechtigkeit im eigenen Land weiterhin Blut vergießen müssen“. „Wir glauben, dass Indonesien versuchen sollte, die Aceh-Frage gewaltlos zu lösen. Alle müssen zusammenarbeiten, damit Frieden und Einheit siegen können“, heißt es weiter. „Die Sezession ist unserer Ansicht nach nicht die richtige Lösung für Aceh“, betonen die Religionsführer abschließend, „doch die Regierung sollt sich darum bemühen, dass legitime Forderungen nach Gerechtigkeit Gehör finden, denn die Menschen in Aceh leiden seit 25 Jahren unter diesem Konflikt“.
(PA) (Fidesdienst 2/6/2003 – 51 Zeilen, 567 Worte)


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