ASIEN/IRAK - PFARRER SEMAAN ZUM VERFAHREN GEGEN SADDAM HUSSEIN: „DIE MEISTEN VON UNS WAREN OPFER SEINER DIKTATUR, ABER WIR HABEN IHM AUCH APPLAUDIERT, ALS ER AN DER MACHT WAR“

Montag, 15 Dezember 2003

Rom (Fidesdienst) – „Auf die Nachricht von der Festnahme von Saddam Hussein reagierten die meisten Iraker freudig, auch wenn die Zukunft weiterhin ungewiss bleibt, weil wir wissen, dass sich hinter dem Terror im Irak andere Gruppen verbergen, die nicht mit dem ehemaligen Diktator verbündet sind“, so der syrische Pfarrer Nizar Semaan aus der Diözese Nineve im Gespräch mit dem Fidesdienst. „Mit der Festnahme von Saddam Hussein“, so der Pfarrer weiter, „geht ein Kapitel der irakischen Geschichte zu Ende, das von Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Ungerechtigkeit, Armut, Embargo und Auswanderung der jungen Menschen auf der Suche nach einer besseren Zukunft gekennzeichnet war“.
„Nun können wir ein neues Kapitel beginnen. Wir müssen mit Hilfe der internationalen Staatengemeinschaft einen neuen friedlichen Irak aufbauen, in dem es endlich Gerechtigkeit und Harmonie zwischen den verschiedenen Teilen des der Bevölkerung geben wird“, so der irakische Priester. „Damit uns dies geling, müssen wir uns von den Schatten der Vergangenheit befreien und deshalb wollen die Menschen im Irak wissen, was während der vergangenen 30 Jahre geschehen ist. Nicht um sich zu rächen, sondern um Wahrheit und Gerechtigkeit zu schaffen. Aus diesem Grund muss es einen öffentlichen Prozess geben, es darf keine Geheimnisse geben, die Akten müssen allen zugänglich sein.“
„Meiner Ansicht nach sollten die Iraker nicht alleine über Saddam Hussein urteilen“, so Pfarrer Nizar. „Die meisten von uns waren Opfer seiner Diktator, doch wir haben ihm auch applaudiert, als er an der Macht war. Wir sind zu sehr in das Ganze verwickelt, als dass wir ihn alleine auf objektive und unbeschwerte Art verurteilen könnten. Deshalb wäre ein internationales Gericht geeignet, dem auch irakische Richter angehören.“, bekennt Pfarrer Semaan.
Was die Zukunft des Irak anbelangt fügt der irakische Priester hinzu: „Wichtig ist vor allem die Sicherheit im Land. Leider wird die Festnahme Saddams nicht automatisch das Ende der Gewalt und des Terrorismus bedeuten, weil auch andere zum Teil ausländische Gruppen in unserem Land agieren. Ich jedoch überzeugt, dass es unserem Land mit Hilfe der internationalen Staatengemeinschaft gelingen wird aus dieser Situation heraus zu finden. Vorausgesetzt, dass keine der verschiedenen Gruppen oder Gemeinschaften diskriminiert wird.“ (LM) (Fidesdienst, 15/12/2003 – 34 Zeilen, 377 Worte)


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