VATIKAN - DIE PASTORAL UNTER MIGRANTEN UND FLÜCHTLINGEN IST IN DEN ERSTEN JAHREN DES NEUEN JAHRTAUSENDS EINE BESONDERE FORM DER NEUEVANGELISIERUNG: SCHLUSSDOKUMENT DES FÜNFTEN WELTKONGRESSES DER PASTORAL UNTER MIGRANTEN UND FLÜCHTLINGEN

Mittwoch, 10 Dezember 2003



Vatikanstadt (Fidesdienst) – „Die Kirche darf angesichts der gegenwärtigen Situation der Migranten und Flüchtlinge nicht gleichgültig bleiben. Sie möchte mit ihnen Freuden und Schmerzen teilen, dort wo sie leben; und sie bei der Suche nach einem besseren und sicheren Leben begleiten, das den Kindern Gottes würdig ist“, heißt es im Schlussdokument zum fünften Weltkongress der Pastoral unter Migranten und Flüchtlingen, der vom 17. bis 22. November 2003 stattfand. Das Motto des vom Päpstlichen Rat für die Pastoral unter Migranten und Menschen unterwegs veranstalteten Weltkongresses lautete: „Bei Christus neu beginnen. Für eine erneuerte Pastoral unter Migranten und Flüchtlingen.“
Anhand von Vorträgen und Erklärungen und im Rahmen von Diskussionsrunden und Arbeitsgruppen konnten 319 Teilnehmer aus 84 Ländern sich einen Überblick über die gegenwärtige Situation von Migranten und Flüchtlingen auf der ganzen Welt verschaffen und sich mit globalen, regionalen und lokalen Besonderheiten befassen. Insbesondere standen die verschiedenen Herausforderungen, denen die Kirche in diesem Bereich gegenübersteht im Mittelpunkt, wobei vor allem die pastorale Fürsorge und der multikulturelle, interreligiöse und ökumenische Dialog, sowie die Förderung und der Schutz der mit der Evangelisierung in Verbindung stehenden Menschenrechte berücksichtigt wurde. Migranten und Flüchtlinge haben nicht nur materielle sondern auch spirituelle Bedürfnisse, denen die Kirche entsprechen sollte: Ausgangspunkt bei dieser Aufgabe ist die Kenntnis der Situation in ihren verschiedenen Dimensionen – unter persönlichen, sozialen und politischen Gesichtspunkten - im Licht des Wortes Gottes und der Soziallehre der Kirche. Je mehr Migranten und Flüchtlinge sollen selbst in der Pastoral eingesetzt werden und umso besser wird man ihre Situation kennen und umso fruchtbarer kann ihr spirituelles Leben sein: Viele waren und sind immer noch wertvolle Evangelisatoren in den Aufnahmeländern, deren Gesellschaften oft säkularisiert sind oder in denen es keine christliche Tradition gibt.
Im Verlauf des Kongresses wurde auf die Tragödien hingewiesen, die die erzwungene und freiwillige Migration mit sich bringt, deren Zahl auf der ganzen Welt weiterhin zunimmt, für die es nur schwer angemessene Lösungen gefunden werden können, die den Menschen in den Mittelpunkt stellen und seine Würde festigen. Angesichts der Tatsache, dass die Migrationsströmungen zunehmend zur Entstehung multikultureller und multireligiöser Gesellschaften führen, wurde die Bedeutung des wachsenden Dialogs zwischen Kulturen und Religionen sowie zwischen Christlichen Kirchen und Kirchlichen Gemeinschaften besonders hervorgehoben. Der Dialog mit den anderen setze voraus, dass sie Dialogpartner sich ihrer kulturellen Identität bewusst sind und eine solides religiöses Wissen besitzen.
Abschließend formulierten die Kongressteilnehmer eine Reihe von Empfehlungen hinsichtlich der Sendung der Kirche in diesem Bereich der Pastoral: an erster stelle wurde betont, dass die Pastoral unter Migranten und Flüchtlingen in diesen ersten Jahren des neuen Jahrtausends einen besonderen Aspekt der Neuevangelisierung darstelle, die durch liturgische Feiern und katechetische Ausbildung geschieht, bei denen auch die Elemente der Volksreligion besonderes berücksichtigt werden. Dabei seien die Gemeinden der Migranten eine „Ressource“ die auf entscheidende Weise zum Leben der Kirche und der Gesellschaft beitragen können und außerdem ein besonders günstiges Umfeld für Berufe der Weihe an Gott und die Mitmenschen darstellen. Besondere Anstrengungen sollten angestellt werden, wenn es darum geht Migranten und Flüchtlingen in Ländern mit eingeschränkter Ausdrucks- und Glaubensfreiheit Beistand zu leisten. Der Welttag der Migranten und Flüchtlinge, der in allen Diözesen begangen wird, sollte Gelegenheit zur Vertiefung des Verständnisses hinsichtlich der verschiedenen Dimensionen der Mission sein. Zu diesem Zweck sollte auch die Papstbotschaft zu diesem Anlass entsprechend verbreitet werden. Angesichts der Bedeutung, die die Migration für das Leben der Kirche und der Gesellschaft darstellen, wurde auch die Veröffentlichung einer Enzyklika zu diesem Thema in Erwägung gezogen und ein Vorschlag zur Einberufung einer Bischofssynode formuliert, die dem Phänomen der Migration gewidmet sein sollte.
Das Schlussdokument enthält auch eine Reihe von Appellen: an die Kirche mit der Bitte darum „die Migranten und Flüchtlinge als ‚Zeichen der Zeit’ zu betrachten, durch die Gott seine Kirche beruft, die eigene katholische Dimension und die Berufung zum Pilgerdasein bewusster zu erleben“; an den Heiligen Stuhl mit der Bitte bald möglichst die Konvention der Vereinten Nationen zum Schutz der Fremdarbeiter und deren Familienangehörigen zu ratifizieren. An Regierungen und gesetzgebende Versammlungen sowie an Internationale Organisationen wendet sich der Kongress mit der Bitte, Würde und Menschenrechte (vor allem Gedanken-, Kult- und Religionsfreiheit) von Migranten und Flüchtlingen zu respektieren, unabhängig davon ob ihre Situation regulär oder irregulär ist; dabei soll vor allem Kindern, Jugendlichen Frauen ein besonderes Augenmerk gewidmet und Sanktionen für deren Ausbeutung und Missbrauch vorgesehen werden; außerdem sollte man zu der Einsicht gelangen, dass unterdrückende und einschränkende Maßnahmen kein geeignetes Mittel zur Kontrolle der Migrationsströmungen darstellen. Der Kongress appelliert auch an alle Migranten und Flüchtlinge, mit der Bitte darum ,dass die Christen unter ihnen wahre Zeugen des Glaubens sein mögen, insbesondere in Ländern, in denen sie in der Minderheit leben; sie sollen zum Aufbau einer Gesellschaft beitragen, in der gegenseitiger Respekt und die Anerkennung der unveräußerlichen Menschenwürde jedes Einzelnen wachsen, und die jeweiligen Aufnahmeländer, deren Gesetze und kulturelle Identität schätzen und respektieren. (SL) (Fidesdienst 10/12/2003 – 75 Zeilen, 830 Worte)


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