VATIKAN - AVE MARIA von Mgr. Luciano Alimandi - Wahre Größe besteht darin, klein zu werden

Mittwoch, 16 Januar 2008

Vatikanstadt (Fidesdienst) - Die Präsenz des heiligen Johannes des Täufers hat uns durch die Adventszeit begleitet und wir sind ihm jüngst erneut auf unserem liturgischen und geistlichen Weg am Fest der Taufe Jesu begegnet. Der Täufer ist eine geheimnisvolle und faszinierende Person. Er war der Vorläufer Christi, und dies nicht nur vor zweitausend Jahren, sondern in gewissem Sinn ist er es auch in unseren heutigen Tagen, in unseren Herzen. Denn er ist, in der Tat, der Freund der Braut, die Stimme, die uns das Wort hören lässt, das uns in das Geheimnis der Auferstehung einführt, das uns dabei hilft, die Aufforderung zur Umkehr mit Demut und Liebe anzunehmen. Er lässt uns verstehen, dass der Mensch, jeder Mensch, vor dem Herrn Jesus dem größten Geheimnis seiner Existenz gegenübersteht: dem Geheimnis des menschgewordenen Gottes.
Der Mensch kann sich nicht Gott gegenüberstellen, als ob er nicht das wäre, was er wirklich ist: Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott! Nur wenn der Mensch sich dem Herrn demütig gegenüberstellt, kann er den Glauben empfangen, der die Gedanken erhellt und das Herz wärmt. Atheismus ist in Wirklichkeit ein Produkt der menschlichen Überheblichkeit, die dem Menschen die Fähigkeit des Glaubens nimmt, da er sich vor der Wahrheit, d. h. vor der Demut verschließt.
Das Begriff-Paar Wahrheit-Demut ist untrennbar! Johannes der Täufer ist Bote der Wahrheit, weil er Bote der Demut ist und umgekehrt. Seine Worte sind wie ein Feuer, das jeden Rest von Stolz, der sich im Herzen seiner Jünger niedergelassen hat verbrennt, die angesichts der Figur Jesu, seines apostolischen Erfolgs und seiner wirklich überraschenden Art und Weise, das Evangelium zu verkünden, eines Messias, denn sie sich so nicht vorgestellt hatten, nicht mehr wissen, was sie denken sollen.
Das Evangelium berichtet von dieser „Krise“ der Jünger des Täufers, die man vielleicht als „Krise der Demut“ bezeichnen könnte, denn es geht um diese Bereitschaft des menschlichen Gemüts angesichts des Geheimnisses Gottes, der sich in Jesus offenbart. Im Evangelium heißt es wörtlich: „Sie gingen zu Johannes und sagten zu ihm: „Rabbi, der Mann, der auf der anderen Seite des Jordan bei dir war und für den du Zeugnis abgelegt hast, der tauft jetzt, und alle laufen zu ihm“. Johannes antwortete: Kein Mensch kann sich etwas nehmen, wenn es ihm nicht vom Himmel gegeben ist. Ihr selbst könnt mir bezeugen, dass ich gesagt habe: Ich bin nicht der Messias, sondern nur ein Gesandter, der ihm vorausgeht. Wer die Braut hat, ist der Bräutigam; der Freund aber, der dabeisteht und ihn hört, freut sich über die Stimme des Bräutigams. Diese Freude ist nun für mich Wirklichkeit geworden. Er muss wachsen, ich aber muss kleiner werden. Er, der von oben kommt, steht über allen; wer von der Erde stammt, ist irdisch und redet irdisch. Er, der aus dem Himmel kommt, steht über allen.“ (Joh 3,26-31).
Diese Worte gehören zu den Aussagen über die wirkliche Identität Christi, die uns am meisten berühren, über seine unermessliche Größe, die sich unserer Kleinheit gegenüberstellt.
Die Tatsache, dass der Täufer sich mit dieser Ermahnung an seine Jünger wendet, die darauf vorbereitet waren, den Messias zu empfangen, lässt uns erahnen, wie groß die Versuchung war, in eine solche „Krise der Demut“ zu geraten.: das nicht anerkennen wollen, dass „alles Gnade ist“, dass die Gaben Gottes uns nicht gehören, dass „niemand sich etwas nehmen kann, wenn es ihm nicht vom Himmel gegeben ist“…
Wie oft hat der Jünger sich für den Meister gehalten; der Knecht für den Herrn. Johannes der Täufer wusste wohl, dass die Erbsünde darin bestand, dass man überheblich wurde, dass man sich der Gaben Gottes bemächtigte ohne Rücksicht auf ihre Natur und Eigenschaft als Gaben, angefangen bei der Freiheit! Wie oft läuft der Glaubende Gefahr, dass er das Bewusstsein davon verliert, dass er selbst Nichts ist und dass nur Gott Alles ist. Aus unserem Gemüt kann jederzeit die Versuchung der Anfänge wieder auftauchen. Wie wohltuend ist es deshalb, wenn wir uns immer wieder sagen, „nur du Herr bist alles!“. Am Anfang des geistlichen Weges der heiligen Katherina von Siena, sagte der Herr zu ihr: „Weißt du, meine Tochter, wer du bist und wer ich bin? Wenn du dies weißt, dann wirst du selig sein. Du bist diejenige, die nicht ist und Ich bin der, der ich bin. Wenn du dies in deiner Seele weißt, dann kann dich der Feind nicht mehr betrügen und du wirst seinem Unheil entgehen; du wirst nichts zustimmen, was meinen Geboten widerspricht und du wirst ohne Schwierigkeit und Gnade, Wahrheit und Licht erlangen“. (Raimondo Da Capua, La vita di S. Caterina da Siena, I, X, 92, Cantagalli).
Mit anderen Worten lehrte dies auch Johannes seine Jünger: “Er muss wachsen, ich aber muss kleiner werden.“; damit er Alles werden kann, müssen wir, die wir Nichts sind, uns zurücknehmen. Dies ist die Dynamik der vom Täufer angekündigten Umkehr, die auch Jesus lehrt: wir müssen uns selbst zurücknehmen, damit wir Gott finden, wir müssen klein werden, damit wir groß sein können, wir müssen die Letzten sein, damit wir im Himmelreich die Ersten sind!
Der Weg der Demut lässt uns in uns selbst und in den anderen die Geschenke Gottes erkennen, ein Zeichen der Güte, die er in die Herzen seiner Jünger einfließen lässt. Wer den Spuren Jesu, Mariens, Josephs und Johannes des Täufers folgt, wird sich mehr und mehr dem freudigen Zeugnis der Gaben Gottes öffnen und aus dem eigenen Gemüt jede Eifersucht und Rivalität, jeden Neid und jede Ambition auslöschen, denn er wird verstehen, dass wahre Größe darin besteht, in der eigenen Seele nicht das eigene Ich wachsen zu lassen, sondern den einzig Großen: Gott! Maria ist dafür das beste Beispiel. (Fidesdienst, 16/01/2008 - 69 Zeilen, 649 Worte)


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