EUROPA/RUSSLAND - Nach dem Verbot der mit Moskau verbundenen orthodoxen Kirche in der Ukraine: Reaktionen und Entwicklungen

Montag, 26 August 2024

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Von Chiara Dommarco

Moskau (Fides) - Nach der Verabschiedung des Gesetzes 8371 „Über den Schutz der verfassungsmäßigen Ordnung bei der Tätigkeit religiöser Organisationen“ durch das ukrainische Parlament hat sich die Orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats in zwei offiziellen Dokumenten gegen den ukrainischen Gesetzestext ausgesprochen.
Das Gesetz, das am 20. August in zweiter Lesung im ukrainischen Parlament beschlossen wurde, verbietet die Existenz der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (UOK) die formell mit dem Moskauer Patriarchat verbunden ist, und aller ihr angeschlossenen internationalen Organisationen auf ukrainischem Territorium (vgl. Fides 21/8/2024). Präsident Wolodymyr Selenskyj, der wiederholt seine Unterstützung für den Gesetzentwurf bekundet hatte, unterzeichnete das Gesetz am 24. August.
Das erste vom Moskauer Patriarchat herausgegebene Dokument wurde am 22. August veröffentlicht. In dem Kommuniqué des Heiligen Synods, heißt es: „Zwischen 2014 und 2023 hat der Heilige Synod der Russischen Kirche wiederholt den Druck festgestellt, dem die ukrainisch-orthodoxe Kirche ausgesetzt war, einen Druck, der zweifellos Merkmale einer antireligiösen staatlichen Politik aufweist. (...) Obwohl viele Experten und Menschenrechtsorganisationen im Westen die Verletzung der Rechte der Gläubigen in der ukrainisch-orthodoxen Kirche anerkannt haben, war dies kein Hindernis für die Verabschiedung eines Gesetzes, das die Idee der Gewissensfreiheit und der grundlegenden Menschenrechte zunichtemacht“.

Ähnlich äußert sich der Patriarch von Moskau Kvrill I. in einem Schreiben vom 24. August, das sich an mehrere Oberhäupter christlicher Gemeinschaften, darunter Papst Franziskus, und Diplomaten wie den Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, die Generalsekretärin der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, Helga Maria Schmid, und den UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, richtete. In einer Passage des Schreibens erklärte der Patriarch: „Die eklatanten Widersprüche der Bestimmungen dieses Gesetzes mit den Normen der ukrainischen Verfassung, den internationalen Abkommen, den Menschenrechten und den grundlegenden Rechtsprinzipien wurden in den Dokumenten führender Menschenrechtsorganisationen wiederholt festgestellt. Die anti-kirchliche Politik der ukrainischen Behörden wird seit vielen Jahren von der internationalen Gemeinschaft kritisiert. Das Moskauer Patriarchat ist wiederholt Zeuge der Lage der ukrainischen Gläubigen und der gegen sie eingeleiteten Verfolgung geworden“.

Am Ende des sonntäglichen Angelusgebets sprach sich Papst Franziskus am 25. August klar für den Schutz jeder aller Kirchen aus und zeigte sich nach der Verabschiedung des Gesetzes besorgt: „Ich verfolge die Kämpfe in der Ukraine und in der Russischen Föderation weiterhin mit Schmerz“, sagte der Papst, „Mir kommen Ängste bezüglich der Freiheit all jener, die beten. Wer wirklich betet, betet immer für alle", erklärte das katholische Kirchenoberhaupt nach seinem Mittagsgebet auf dem Petersplatz. „Wer betet, tut nichts Böses. Wenn jemand Vebrechen gegen sein Volk begeht, ist er diesbezüglich schuldig, aber man kann nicht Böses getan haben, weil man gebetet hat", betonte Papst Franziskus mit Blick auf das staatliche Verbot der mit Moskau verbundenen orthodoxen Kirche in der Ukraine. „Also lasse man alle, die beten wollen beten, und zwar gemäß der Kirche, die sie als die ihre sehen. Bitte, keine christliche Kirche sollte direkt oder indirekt verboten werden: Die Kirchen sind unantastbar!".

Nachdem das ukrainische Parlament am 19. Oktober 2023 in erster Lesung das Gesetz über die Abschaffung der UOK auf ukrainischem Gebiet gebilligt hatte, hatte der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, bereits seine Besorgnis über die Vereinbarkeit des Gesetzesextesmit der Achtung der grundlegenden Menschenrechte zum Ausdruck gebracht.

Unterdessen besucht eine Delegation des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel in diesen Tagen Kiew. Die Delegation besteht aus drei führenden Kirchenvertretern ukrainischer Herkunft: Metropolit Hilarion (Ohijenko), Erzbischof von Winnipeg und Primas der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche von Kanada, Metropolit Job (Getča) von Pissidia und Patriarchal-Diakon Epiphanios (Kamjanovič). Laut einer Erklärung des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel findet der Besuch anlässlich des 33. Jahrestages der Unabhängigkeit der Ukraine statt und umfasst mehrere Treffen der Delegation mit zivilen und religiösen Behörden. Am 22. August traf die Delegation mit Metropolit Epifanij (Dumenko), dem Primas der Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU), und anderen Vertretern der OKU zusammen, gefolgt von Metropolit Onufrij (Berezovs'kij), dem Oberhaupt der UOK, und anderen Vertretern der UOK. Am 23. August fand ein Treffen mit Erzbischof Svjatoslav Ševčuk, dem Oberhaupt der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche, statt, gefolgt von einem Treffen mit dem Primas der orthodoxen Kirche der Ukraine in Kiew, Filaret (Denisenko).

Wie die katholische Nachrichtenagentur AgenSIR berichtet, sagte Erzbischof Šcevčuk nach der Abstimmung im ukrainischen Parlament, er sei für die Verabschiedung des Gesetzes, betonte aber, dass die ukrainische griechisch-katholische Kirche nicht an der Ausarbeitung des Textes beteiligt war.
(Fides 26/8/2024)


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