EUROPA/RUSSLAND - “Geistliche Übungen” des heiligen Ignatius von Loyola: Neuauflage in russischer Sprache in Moskau vorgestellt

Freitag, 8 März 2024 jesuiten   heilige   spiritualität   Ökumene  

Von Chiara Dommarco

Moskau (Fides) - "Eine Warnung: Dies ist kein Buch zum Lesen", begann Pater Stephan Lipke, Direktor des St. Thomas-Instituts in Moskau, mit etwas Ironie die Präsentation der Neuauflage der "Geistlichen Übungen" des Heiligen Ignatius von Loyola in russischer Sprache. Damit wies Pater Lipke sofort auf eine Besonderheit des Werkes hin: "Es ist ein Buch, das zu denen spricht, die die ignatianische Gebetsmethode erfahren haben: es zu lesen, ohne diese Erfahrung je gemacht zu haben, ist wie ein Rezept zu lesen, ohne das Gericht, das man zubereiten will, je gesehen oder gekostet zu haben".
Die Präsentation im St. Thomas-Insitut am vergangenen Mittwoch, dem 6. März, bot den Teilnehmern (sowohl den Anwesenden als auch den zahlreichen Online-Teilnehmern) die Möglichkeit, einige Aspekte der umfassenden ignatianischen Spiritualität zu vertiefen, die sowohl die Tradition der lateinischen Kirche als auch die der Ostkirchen ansprechen kann.
Nach der ersten Ausgabe in russischer Sprache, die in den 1980er Jahren erschien, war die 2010 veröffentlichte Neuauflage ausverkauft und wurde nun auf Anfragen der Jesuiten der russischen Ordensregion hin neu aufgelegt.
"Wenn wir uns dem Text nähern, nachdem wir die vom heiligen Ignatius vorgeschlagene Methode erfahren haben, beginnen wir, seine Sprache zu verstehen und unser Leben wie ein zu schreibendes Evangelium zu lesen, indem wir lernen, den Blick Jesu auf die Menschen, denen wir begegnen, und die Umstände, in denen wir leben, zu richten", betont Pater Tadeusz Drozdowicz (sj) Verwalter des St. Thomas-Instituts. Pater Viktar Zhuk (sj) Pfarrer der St.-Wladislaw-Kirche in Witebsk (Belarus), sprach im Anschluss daran über seinen eigenen Erfahrungen als Jesuit und Exerzitienprediger.
Im Laufe des Abends ergriffen dann mehrere Teilnehmer das Wort und betonten, wie die Lehren des Ignatius von Loyola auch für Christen der östlichen Tradition fruchtbar sein können, wie das Zeugnis eines katholischen Ehegatten beweist, der mit seiner orthodoxen Frau an einer von den Jesuiten angebotenen Exerzitienwoche teilgenommen hatte.
Seit seiner ersten Ausgabe im Jahr 1548, die in lateinischer Sprache unter dem Titel "Exercitia Spiritualia" veröffentlicht wurde, ist das Werk des heiligen Ignatius im Laufe der Jahrhunderte überall auf der Welt übersetzt und neu aufgelegt worden und stellt bis heute einen der grundlegenden Texte der christlichen Spiritualität dar.
Die Geschichte des Jesuitenordens auf dem Gebiet des Zarenreichs ist eine ganz besondere. Als Papst Clemens XIV. die Gesellschaft Jesu 1773 mit dem apostolischen Schreiben „Dominus ac Redemptor“ auflöste, verfügte Katharina II., die die Verkündigung jeglicher päpstlicher Verfügung innerhalb der Grenzen ihres Reiches verboten hatte, auch nicht die Vertreibung der Jesuiten aus den von ihr regierten Gebieten. So konnte die Gesellschaft Jesu unter Kaiser Paul I. und in den ersten Jahren der Regentschaft Alexanders I. weiter bestehen und gedeihen und Tausende von Schülern an kostenlosen öffentliche Schulen unterrichten. Im Jahr 1820, d.h. sechs Jahre nach der von Papst Pius VII. gewünschten und 1814 durch die Bulle „Sollicitudo omnium ecclesiarum“ sanktionierten Wiederherstellung des Ordens, wurden die Jesuiten jedoch aus dem Reich vertrieben.
Die heutige russische Ordensregion der Gesellschaft Jesu umfasst Russland, Belarus und Kirgisistan. Derzeit leben elf Jesuiten in Russland, die in Ordensgemeinschaften in Moskau, St. Petersburg, Tomsk und Nowosibirsk aufgeteilt sind. Die zwei Jesuiten in Belarus leben in Vitebsk, während die zehn Jesuiten in Kirgisistan in Biškek, Oš, Talas und Issyk-Kul' leben, wo sie ein Exerzitienhaus haben. Einwöchige Exerzitien nach der ignatianischen Methode werden regelmäßig in Belarus und Kirgisistan und gelegentlich in Russland angeboten.
(Fides 8/3/2024)


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