ASIEN/PAKISTAN - "Manifest" im Vorfeld der Wahlen: Christen und Muslime für eine Gesellschaft ohne Diskriminierung

Donnerstag, 4 Januar 2024 menschenrechte   religiöse minderheiten  

Lahore (Agenzia Fides) - Die Förderung und den Aufbau einer Gesellschaft, in der die kulturelle, ethnische und religiöse Diskriminierung sowohl in der allgemeinen Mentalität als auch - wie es immer noch der Fall ist - in der Gesetzgebung und der Praxis der staatlichen Institutionen beseitigt wird, um gleiche Rechte und gleiche Chancen für alle zu gewährleisten, fordern pakistanischen Bürger, die zumeist religiösen, ethnischen und kulturellen Minderheiten angehören, im Hinblick auf die allgemeinen Wahlen, die am 8. Februar in Pakistan stattfinden.
In dem südasiatischen Land hat der Wahlkampf für die bevorstehende Wahl begonnen, bei der 127 Millionen Wähler an die Urnen gehen werden. In den letzten Wochen hat die Nationale Kommission für Gerechtigkeit und Frieden der pakistanischen Bischöfe (NCJP) alle politischen Parteien dazu aufgerufen, „den Schutz der Rechte von Minderheiten und deren Wohlergehen in ihr politisches Programm aufzunehmen“. „Nicht-Muslime haben seit der Gründung Pakistans im Jahr 1947 eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung, dem Wohlstand und dem wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Aufblühen des Landes gespielt", betonen die Bischöfe.
Dieses Ziel, das auch von Organisationen der Zivilgesellschaft sowie von muslimischen Bürgern und Gemeinschaften geteilt wird, kommt nun in einem "Manifest" zum Ausdruck, das der pakistanische christliche Schriftsteller und Journalist Aftab Alexander Mughal, Leiter der Publikation "Minority Concern", an Fides geschickt hat und das darauf abzielt, die politischen Parteien und die künftige Regierung des Landes dafür zu sensibilisieren, dass Pakistan "ein wahrer demokratischer Staat" ist.
"Die Achtung der Rechte aller Bürger, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrer ethnischen Zugehörigkeit oder ihrem Glauben, ist ein wichtiger Schritt zum Wohle der Nation: Alle Bürger sollten ohne jegliche Diskriminierung einen bedeutenden Platz im politischen Prozess und im Regierungssystem Pakistans haben", heißt es darin. "Dies bedeutet, dass die politischen Parteien aufgefordert sind, konkrete Schritte zu unternehmen, um Pakistan pluralistisch und wirklich demokratisch zu machen, und sich dabei auf den Ansatz und die Absichten zu stützen, die Muhammad Ali Jinnah, der Gründer des Landes, öffentlich zum Ausdruck gebracht hat", erklärt Mughal.
In diesem Zusammenhang sei an das Urteil (SMC Nr. 1/2014) des Obersten Richters von Pakistan Tasaduq Hussain Jilani vom 19. Juni 2014 erinnert, in dem die Regierung und andere Institutionen ausdrücklich aufgefordert werden, die Rechte von Minderheiten anzuerkennen und zu schützen, angefangen bei der staatlichen Gesetzgebung und Praxis. "Auch im Parlament sollten Sitze für nicht-muslimische Bürger reserviert sein. Das Ernennungsverfahren für diese Sitze sollte repräsentativ, leistungsorientiert und transparent sein", hofft Mughal.
Eines der Probleme, das bereits im Vorfeld angegangen werden müsse, so Mughal, ist "die Bekämpfung der Aufstachelung zum Hass gegen Nicht-Muslime in der Gesellschaft, die bereits in der Schule beginnt“. „Diese Bildungsarbeit ist von entscheidender Bedeutung, denn sie schafft bei Kindern und Jugendlichen eine Kultur und Mentalität des Friedens, des Respekts und der Harmonie - anstelle von Hass und Feindseligkeit", betont er.
Zu diesem Zweck fordern pakistanische Christen, Hindus, Ahmadis und andere Gemeinschaften die Wiedereinführung des "Ministeriums für Minderheitenrechte", einer Institution mit einem Minister - in der Vergangenheit verkörpert durch den katholischen Minister Shahbaz Bhatti -, der eine spezielle "Nationale Kommission für Minderheiten" koordinieren könnte, deren Aufgabe es wäre, die dringendsten Probleme auf die politische Agenda des Parlaments und der Regierung zu bringen, wie diskriminierende Gesetze und Praktiken, die im Widerspruch zu internationalen Menschenrechtskonventionen stehen, Probleme in den Bereichen Bildung und Entwicklung, Fälle von Entführung und Zwangsverheiratung von nicht-muslimischen Mädchen. All dies, um einen echten Schutz von Minderheiten in der Gesellschaft zu fördern.
Eine besondere Forderung kommt schließlich von den Religionsgemeinschaften, die den Staat um Grundstücke für den Bau ihrer Tempel und Gotteshäuser bitten, wie sie regelmäßig für den Bau von Einrichtungen, Schulen und Moscheen für Gläubige der islamischen Religion gewährt werden. Andererseits wird vom Staat erneut die Rückgabe von Eigentum gefordert, das in der Vergangenheit verstaatlicht wurde. Insbesondere Hunderte von Bildungseinrichtungen in den Regionen Sindh und Punjab, darunter auch christliche Schulen und Universitäten, fielen unter die "Verordnung 118" des von Zulfiqar Ali Bhutto 1972 erlassenen Kriegsrechts, mit der sie privaten Einrichtungen und Organisationen (wie den Kirchen) entzogen und verstaatlicht wurden, wobei das Bedürfnis des Staates, das öffentliche Bildungswesen zu fördern und zu organisieren, Vorrang hatte.
(PA) (Fides 4/1/2024)


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