Abuja (Fides) - In einer einstimmigen Entscheidung aller drei Richter des zuständigen Gremiums hat das nigerianische Berufungsgericht die Anklage gegen den Separatistenführer Nnamdi Kanu wegen Terrorismus zurückgezogen.
Das Berufungsgericht ließ alle Anklagen gegen Kanu fallen, nachdem dieser im Ausland illegal verhaftet worden war und seine Auslieferung folglich ebenfalls illegal war. Das Gericht entschied, dass seine "außerordentliche Überstellung" ohne Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren einen groben Verstoß gegen alle internationalen Übereinkommen, Protokolle und Leitlinien, die Nigeria unterzeichnet hat, und eine Verletzung der grundlegenden Menschenrechte des Angeklagten wäre.
Nnamdi Kanu, Anführer der „Indigenous People of Biafra“ (IPOB), war bereits 2015 erstmals verhaftet worden und schließlich 2017 aus Nigeria geflohen, bevor er in Kenia entführt wurde und 2021 in seine Heimat zurückkehrte, wo er jedoch erneut wegen Hochverrats und Terrorismus angeklagt wurde.
Das ehemalige Biafra im Südosten des Landes, das hauptsächlich von Igbo bewohnt wird, war zwischen 1967 und 1970 Schauplatz eines blutigen Bürgerkriegs. Nach dem Tod von mehr als einer Million Menschen, vor allem aufgrund von Hungersnöten, und dem Scheitern der Rebellion wurde die "Republik Biafra" schließlich wieder an Nigeria angegliedert. Der Wunsch nach Unabhängigkeit ist jedoch bis heute nicht gänzlich verschwunden: Der Südosten Nigerias wird von einer Welle der Gewalt heimgesucht, für die die Behörden die (verbotene) Separatistenbewegung IPOB verantwortlich machen, die wiederholt jegliche Verantwortung abgestritten hat.
Bei gezielte Angriffen wurden unterdessen nach Berichten lokaler Medien seit Jahresbeginn mehr als 100 Polizisten und andere Sicherheitskräfte in der Region getötet (zur Lage in der Region vgl. Fides 21/9/2022).
Die nigerianische Bundesregierung hat zum Beschluss der Richter bereits erklärt, dass sie "alle verfügbaren Optionen" prüfen wird, um das Gerichtsurteil aufzuheben.
(L.M.) (Fides 14/10/2022)