ASIEN/LIBANON - Kirchenoberhäupter warnen vor “Infiltrationen” bei Demonstrationen

Dienstag, 1 September 2015

Beirut (Fides) - Die seit mehreren Wochen anhaltenden Demonstrationen gegen die Politiker des Landes sind ein legitimes Mittel der “demokratischen” Druckausübung gegen unglaubwürdige Politiker, die größtenteils für die Krise im Land verantwortlich sind. Doch die “Kundgebungen auf den Plätzen des Landes bergen auch Gefahren, insbesondere wenn sich die Spannungen zuspitzen und die Flammen, die rund um den Libanon brennen die Stabilität des Landes“, so die Teilnehmer des Gipfeltreffens der christlichen Religionsvertreter im maronitischen Patriarchat in Bkerké.
Die Patriarchen warnen vor “gewalttätigen Infiltrationen unter friedlichen Demonstranten” und beklagen Gewalt und Vandalismus bei Demonstrationen im Zentrum von Beirut. Dabei dürfe “das nationale Interesse der Privaten nicht überwiegen, wenn man verhindern will, dass der Libanon in das Unbekannte abstürzt und wenn man verhindern will, dass die Tragödien, die uns umgeben und die unser Volk beunruhigen, sich ausweiten”.
Im Hinblick auf die Lähmung der Institutionen und der Politik des Landes verurteilen die Patriarchen “die Unfähigkeit der Führungskräfte, die nicht in der Lage sind, die elementaren Dienstleistungen zu garantieren, die für ein würdiges Leben notwendig sind”. Doch die geistlichen Oberhäupter der christlichen Kirchen im Libanon übten insbesondere auch ausdrückliche Kritik an der nicht existierenden „Agenda“, die die Politiker befolgen sollten, um einen Ausweg aus der Krise zu finden. An erster Stelle fordern die Patriarchen die Wahl des Staatsoberhaupts in Übereinstimmung mit den konstitutionellen Normen und die Überwindung der bisher eingelegten Vetos, die dazu führten, dass das Amt seit Mai 2014 nicht besetzt ist. Die Wahl des neuen Präsidenten müsse der Einberufung von Neuwahlen vorausgehen. Damit lehnen sie die Vorschläge derjenigen ab, die der Ansicht sind, dass die Krise nur durch die Auflösung des Parlaments gelöst werden kann. Die amtierende Regierung, heißt es in der Botschaft müsse im Amt bleiben, bis ein neuer Präsident gewählt ist. Danach müsse eine neue Regierung Reformen des Wahlrechts und institutionelle Reformen auf den Weg bringen, damit weitere Lähmung und ein erneutes Machtvakuum verhindert werden können.
An dem Treffen in Bkerkè nahmen die Patriarchen Boutros Bechara Rai (marontische Kirche), Yohanna X. (griechsch-orthodoxe Kirche), Aram I. (armenische Kirche), Gregoire III. (melkitische Kirche), Ignatius Yussif III. (syrisch-katholische Kirche) sowie der Apostolische Nuntius, Erzbischof Gabriele Caccia teil. Eingeladen waren auch Vertreter der muslimischen Glaubensgemeinschaft. Bisher wurden noch keine detaillierten Gründe für deren Abwesenheit bekannt. (GV) (Fides 1/9/2015).


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