ASIEN/INDONESIEN - NEUES GESETZ ZUM BILDUNGSWESEN: DIE STIMME DER KIRCHE

Freitag, 11 Juli 2003

Jakarta (Fidesdienst) – „Wir sind enttäuscht und besorgt. Die Billigung der so genannten Education Bill ist eine Niederlage für das Konzept der Erziehung als solche. Dieses Gesetz politisiert die Erziehung und schränkt die Autonomie der Schulen ein, es ermöglicht ein staatliches Eingreifen in den Bildungssektor zu Lasten der Gesellschaft und des kulturellen und moralischen Wachstums der Jugendlichen. Außerdem könnte es zu interreligiösen Spannungen führen“, kommentiert Pater Ignace Ismartono, der Leiter der bischöflichen Kommission für den Interreligiösen Dialog gegenüber dem Fidesdienst das neue Gesetz zum Bildungswesen, dass vor einem Monat vom indonesischen Parlament gebilligt wurde und am 12. Juli in Kraft treten wird.
Pater Ismartono erklärt weiter: „Theoretisch sollte es bei Inkrafttreten des neuen Gesetzes an jeder katholischen Schule muslimische Lehrer geben, die den Religionsunterricht für muslimische Schüler halten. Da jedoch noch keine gesetzlichen Strafen vorgesehen sind, wartet man noch auf entsprechende regionale Normen. Die Situation könnte sich in den verschiedenen Teilen Indonesiens unterschiedlich darstellen. Katholische Schulen werden zunehmend selektiv und exklusiv werden müssen und dies nicht aus eigenem Willen. Dies alles ist eine Niederlage für das Erziehungswesen des ganzen Landes“.
Das Büro für religiöse Angelegenheiten der indonesischen Regierung hat den katholischen Schulen bereits 70.000 muslimische Religionslehrer zur Verfügung gestellt, die vom Staat bezahlt werden sollen. Doch die die Kirche lehnt dies bisher ab, weil sie ein Eingreifen in die gesamte Verwaltung der Bildungseinrichtungen befürchtet.
Bischof Cosmas Michael Angkur, der den bischöflichen Ausschuss für das Erziehungswesen leitet, bezeichnete das neue Gesetz als „nicht notwendig und gefährlich für das religiöse Zusammenleben“. Der Ausschuss, der sich in jüngster Zeit oft zu außerordentlichen Sitzungen versammelte, wird in den Diözesen des Landes so genannte „Beobachtungsstellen für das Erziehungswesen“ einrichten, die die Situation überwachen und von Fall zu Fall entsprechende Maßnahmen ergreifen sollen.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bieten die katholischen Schulen Elterngespräche vor der Einschreibung an, bei denen die Eltern eine Erklärung unterzeichnen, mit der sie sich mit dem Lehrplan der Schule einverstanden erklären. „In manchen katholischen Schulen in Indonesien“, erklärt Pater Ismartono, „gibt es im Übrigen bereits einen muslimischen Religionslehrer: doch in diesen Fällen handelt es sich nicht um eine staatliche Vorschrift sondern um das Ergebnis des Dialogs!“
Im Zusammenhang mit der Verabschiedung des neuen Gesetzes befragten man sich bereits in politischen und religiösen Kreisen, welche Auswirkungen die neuen Regelungen auf die Gesellschaft haben werden. Im Artikel 13 des Gesetzes heißt es wörtlich zum Religionsunterricht: „Alle Schüler der verschiedenen Schulen, in privaten und staatlichen Einrichtungen, haben Anspruch auf Religionsunterricht entsprechend des eigenen Glaubens und mit Religionslehrern der eigenen Religion.“
Die Christen hatten bereits gegen den Gesetzesentwurf protestiert, den sie als eine Bedrohung für die Unterrichtsfreiheit und ein Risiko für das religiöse Zusammenleben betrachten. Protestkundgebungen hatten im Mai dazu geführt, dass die Debatte im Parlament auf den Juni verschoben wurden, doch am 11. Juni war das Gesetz endgültig gebilligt worden.
In Indonesien befinden sich viele Schulen in privater Trägerschaft. Die Katholische Kirche unterrichtet in ihren im Allgemeinen gut organisierten und deshalb renommierten Schulen viele muslimische Schüler, deren Anteil manchmal bei bis zu 90% liegt. Nach Ansicht der Christen sollte der Religionsunterricht die von der Verfassung garantierte Unterrichtsfreiheit nicht beeinträchtigen.
Nach Ansicht zahlreicher Beobachter verbergen sich hinter dem neuen Gesetz politische Absichten, die zu Lasten des Unterrichts und der Erziehung gehen: muslimische Parteien betrachten es als Instrument der Wahlkampagne für die politischen Wahlen im Jahr 2004. (PA) (Fidesdienst 11/7/2003 – 50 Zeilen, 555 Worte)


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