Mumbai (Fidesdienst) – Ist Aufklärungsunterricht für Kinder und Jugendliche in Indien notwendig? In die derzeitige Debatte in der indischen Öffentlichkeit, zu der es nach den jüngsten bekannt gewordenen Fällen der Vergewaltigung kam, die auch das internationale Augenmerk auf sich zogen, betont die katholische Kirche die Bedeutung eines guten Aufklärungsunterrichts. Unterdessen bezog auch der Polizeichef von Mumbai, Satyapal Singh, Position und sagte gestern bei einer Konferenz: „Aufklärungsunterricht könnte zu einer Zuspitzung der Lage führen, da Verbrechen gegen Frauen in Ländern, in denen Aufklärungsunterricht auf dem Lehrplan steht, noch häufiger sind.“ Sing kritisierte Lehrpläne, die „Schülern ganz einfach beibringen, wie Geschlechtsverkehr funktioniert“. Vielmehr müsse man auf moralische Aspekte eingehen, denn „sexuelle Gewalt ist vor allem eine Frage der Psyche und nicht des Körpers“.
Der Direktor der Wochenzeitschrift der Erzdiözese Bombay „Examiner“, Pfarrer Anthony Charanghat, betont dazu im Gespräch mit dem Fidesdienst: „Aufklärungsunterricht ist äußerst wichtig, nicht nur als Vorbeugung gegen das Phänomen der Vergewaltigungen. Die Frage ist, wie dieser Aufklärungsunterricht aussieht: es darf nicht nur um Kondome und vorehelichen Geschlechtsverkehr oder biologische Aspekte gehen, sondern es müssen der Wert des menschlichen Körpers und die Achtung jedes Menschen im Mittelpunkt stehen. In der Diözese Bombay gibt es bereits Aufklärungsprogramme, die lehren, dass Geschlechtsverkehr auch als Teilnahme am Schöpfungswerk und damit als Geschenk verstanden werden sollte. In einigen katholischen Schulen gibt es bereits solche Aufklärungsprogramme, die wir auch den Zivilbehörden vorgelegt haben, und die von diesen begrüßt wurden. Ein solcher Ansatz, bei dem der Wert der Person im Mittelpunkt steht, wird von weiten Teilen der Gesellschaft und anderen Religionsgemeinschaften befürwortet. Die Erziehung ist wichtig für das Wachstum und die Entwicklung neuer Generationen. Die Kirche fördert ein korrektes Verständnis von Bildung auch in diesem bereicht: es sollte zum Beispiel nicht zu Abtreibungen ermutigen“. „Diese Inhalte“, so der Geistliche, „werden auch am Tag der Achtung und der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau im Mittelpunkt stehen, den wir am 27. Januar in unserer Erzdiözese veranstalten und zu dem wir Gläubige aller Religionsgemeinschaften einladen!“.
Die Ursachen des Phänomens erklärt Pfarrer Charanghat so: „Es gibt die Auffassung von der Frau als Objekt. Dies gilt vor allem für ländliche Gebiete und geht auf eine seit langem vorherrschende Mentalität zurück. In den Städten gibt es hingegen den Einfluss der Medien, in denen Sex und Gewalt eine große Rolle spielen“. (PA) (Fidesdienst, 15/01/2013)