AFRIKA/KENIA - Kirchenvertreter zu Bombenanschlag: „Es handelt sich nicht um einen Religionskrieg, trotzdem sind Christen zunehmend verzweifelt“

Montag, 1 Oktober 2012

Nairobi (Fidesdienst) – „Es gibt keinen Religionskrieg, doch Christen sind verzweifelt, nach den Attentaten auf ihre Kultstätten“, so Beobachter aus kirchlichen Kreisen in Nairobi, die aus Sicherheitsgründen anonym bleiben wollen. In der kenianischen Hauptstadt starben gestern zwei Kinder bei einem Sprengstoffattentat auf eine anglikanische Kirche.
„Das Attentat wurde gezielt auf einen Raum verübt, in dem Religionsunterreicht stattfindet. Man wollte also Kinder treffen. Das Stadtviertel, in dem sich die Kirche befindet wird auch „Klein-Mogadischu“ genannt, so der Beobachter zum Fidesdienst, der auch daran erinnert, dass unter der kenianischen Bevölkerung das Gefühl der Unsicherheit wächst, „da stets neue Flüchtlinge in das Land kommen, nicht nur aus Somalia, sondern auch aus des Südsudan und Äthiopien, die vor Hungersnot und Kriegen fliehen und in Kenia Zuflucht suchen. Aus den Flüchtlingscamps in den Grenzgebieten kommen viele in die großen Städte Kenias, deren Bürger eine Zunahme der Kriminalität beklagen“.
„Sowohl Bischöfe als auch Politiker sind sich einige, dass es sich nicht um einen Religionskrieg handelt“, so der Beobachter zu den Motiven des gestrigen Bombenanschlags, „Vielmehr geht es um politische Fragen im Zusammenhang mit dem Eingreifen Kenias in Somalia. Das Attentat wird als Reaktion auf die Eroberung von Chisimaio, der letzten Hochburg der Shabaab im Süden Somalias eingeordnet, wo kenianische Truppen die Rebellen mit Unterstützung der Afrikanischen Union bekämpfen (vgl. Fidesdienst vom 28/09/2012)“.
„In den vergangenen Tagen beschlagnahmte die Polizei Sprengstoff, der von Personen transportiert wurde, die in Bussen und Privatfahrzeugen unterwegs waren“, so Beobachter weiter, „dies bedeutet, dass es extremistische Zellen gibt, die den Sprengstoff nach Nairobi und in andere Teile des Landes bringen und eine Welle von Attentaten planen“.
„Auf der anderen Seite“, so der Beobachter, „stehen christliche Kirchen für muslimische Extremisten in Verbindung mit dem Westen. Dies gilt auch für die Regierung, die sich mit verschiedenen westlichen Regierungen verbündet hat. Die Kirchen sind zudem ein leichtes Ziel, denn sie sind kaum bewacht und man weckt damit das Interesse der internationalen Staatengemeinschaft, da die Presse in aller Welt darüber berichtet“.
„Es trifft also zu, dass es sich nicht um einen Religionskrieg handelt, doch die Verbreitung des islamfeindlichen Videos und die Veröffentlichung von islamfeindlichen Karikaturen in einer französischen Zeitung, führen zu einer Zuspitzung der Lage. Alle, die solche Materialien verbreiten, handeln unverantwortlich und denken nicht an die Folgen des eigenen Handelns: in anderen Teilen der Welt müssen dafür unschuldige Menschen sterben“, so der Beobachter weiter, der in diesem Zusammenhang ein konkretes Beispiel anführt. „Nach dem Unruhen in Mombasa, die durch den Mord an einem extremistischen Prediger ausgelöst worden waren (vgl. Fidesdienst vom 28/08/2012), hatte es eine gute Zusammenarbeit zwischen der Kirche und Vertretern der muslimischen Glaubensgemeinschaft gegeben, die die Gläubigen gemeinsam zu Ruhe, Aussöhnung und Dialog aufriefen. Nach dem Erscheinen des umstrittenen Videos und der Karikaturen, brachen die muslimischen Religionsvertreter die Zusammenarbeit ab, da sie sich beleidigt fühlten“.
„Die Situation ist also sehr komplex. Es handelt sich nicht um einen Religionskrieg, doch trotzdem wächst angesichts solcher Attentate die Verzweiflung unter den Christen. Dies geht soweit, dass nach dem gestrigen Attentat auch einige christliche Jugendliche gab, die zu einem Übergriff auf Moschee im Viertel aufriefen“, so der Beobachter abschließend. (LM) (Fidesdienst, 01/10/2012)


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