ASIEN/PAKISTAN - Berufungsverfahren für Mumtaz Qadri: sein Anwalt lehnte als Richter das Gnadengesuch für Asia Bibi ab

Freitag, 14 Oktober 2011

Lahore (Fidesdienst) – Das Berufungsverfahren im Fall Mumtaz Qadri, des geständigen Mörders des Gouverneurs der pakistanischen Provinz Punjab, Salman Taseer, das in gwisser Weise auch mit der Causa Asia Bibi in Verbindung steht, führt in Pakistan zu einer öffentlichen Debatte und zahlreichen Protestkundgebungen.
Die Verteidigung von Mumtaz Qadri leitet der bekannte Anwalt Khawaja Muhammad Sharif, ehemaliger pensionierter Richter des Obersten Gerichts in Lahore. Wie aus Recherchen des Fidesdienstes hervorgeht, lehnte Sharif als Richter im November 2010 die Möglichkeit eines Gnadengesuchs für Asia Bibi ab, während der Präsident Ali Zardari nach Vorlage eines Berichts von Salman Taseer und des damaligen Minderheitenministers Shahbaz Bhatti, dazu geneigt war, ein solches Gnadengesuch zu befürworten. Sharif, der für seine Nähe zu islamistischen Parteien bekannt ist, erließ einen Beschluss, der den Präsidenten davon überzeugte, dass er so lange das Gerichtsverfahren nicht abgeschlossen war einem Gnadengesuch nicht statt geben konnte.
Unterdessen ruft der „Sunni Ittehad Council“ zu Kundgebungen in den wichtigsten Städten des Landes auf, bei denen die Freilassung von Mutaz Qadri und ein nicht zuletzt auch ein Eingreifen des Präsidenten gefordert werden. Die Kampagne für die Freilassung Qadris soll auch mit Unterstützung des Netzwerks „Tehrik-e-Tahafuz-e-Namoos-e-Risalat“ forgtegsetzt werden, in der sich über 40 islamistische Parteien und Bewegungen verschiedener islamistischer Denkströmungen (Deobandi, Barelwi und Wahabi) zusammen schließen. In Lahore gibt es jedoch auch andere muslimische Stimmen, darunter der Internationale Rat der Ulema, „Minhajul Quran“ (MQI), der öffentliche von diesen Forderungen Abstand nimmt und betont „Salman Taseer hat sich nicht der Blasphemie schuldig gemacht“.
Naeem Shakir, katholischer Anwalt beim Obersten Gericht in Lahore erklärt im Gespräch mit dem Fidesdienst: „Die Pro-Qadri-Kundgebungen auf den Plätzen sind illegal und verstoßen gegen die Verfassung und die demokratischen Regeln. Sie basieren auf islamischem Fundamentalismus und Extremismus. Es wird Druck auf das Justizsystem ausgeübt. Auch die Anwälte von Qadri vertreten extremistische Ansichten und gehören der so genannten ‚Generation Zia’ an (die unter dem Diktator Zia groß geworden ist, der eine Islamisierung des Landes vorantrieb), die einer wahren Gehirnwäsche unterzogen wurde und heute religiösen Hass verbreitet“. Shakir betont dabei auch, dass „in der Gesellschaft eine Bewegung existiert, die sich solchen Ideen entgegensetzt: es werden Artikel in Tageszeitungen veröffentlicht, die eine solche Einstellung ablehnen, und dies ist ein Zeichen dafür, dass es eine Denkströmung gibt, die auch in der muslimischen Welt eine pluralistische Gesellschaft wünscht“.
Doch in der derzeitigen Phase „schaut die Regierung tatenlos zu, denn sie ist schwach und politisch instabil. Es muss jedoch auch gesagt werden, dass extremistische Parteien – und deren Wähler – ein Standbein der Regierungskoalition sind und deshalb in gewisser Weise bei Laune gehalten werden müssen, ohne dass man sie disqualifiziert. Unter solchen Bedingungen gelingt es der Regierung kaum, den Rechtsstaat zu schützen“. (PA) (Fidesdienst, 14/10/2011)


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