ASIEN/INDIEN - Jesuitenpater zum Bombenanschlag in Delhi: Es werden islamische Kreise verdächtigt, doch „man darf nicht alle Muslime verteufeln“

Donnerstag, 8 September 2011

New Delhi (Fidesdienst) – Die ersten Ermittlungen der Polizei führen nach dem Attentat auf das Hohe Gericht in Delhi, das 11 Todesopfer forderte und bei dem 70 Menschen verletzt wurden (vgl. Fidesdienst vom 07/09/2011), nach Kaschmir und zu den dort agierenden radikalislamischen Gruppen. Im Gespräch mit dem Fidesdienst betont unterdessen der in Delhi tätige Jesuitenpater Xavier Jeyaraj vom Sozialapostolat der Gesellschaft Jesu in Indien: „Es gibt den Verdacht aber es gibt auch Dementis. Es ist noch nicht klar, wer für das Attentat verantwortlich ist und die Ermittlungen laufen noch. Bei den Schuldigen könnte es sich um islamische Terroristen handeln, doch es gibt auch hinduistisch geprägte Gruppen, die die Ordnung im Land stören und Panik auslösen wollen. Deshalb müssen wir, bevor wir uns äußern, die Motive des Attentats verstehen. Wir dürfen den Islam nicht verteufeln und nicht jeden Muslim als Terroristen betrachten. Es gibt gute Muslime, gute Christen und gute Hindus, wie es auch immer kleine Minderheiten gibt, die gewaltsam handeln und die Würde des Menschen zerstören“.
„Es ist nicht einfach zu beurteilen, weshalb es in Indien in den vergangenen Jahren die Zahl der Attentate steigt. Indien ist ein großes Land und es gibt auf sozialer und politischer Ebene viele offene Fragen, die von terroristischen Gruppen als Vorwand für ihr Vorgehen herangezogen werden können. Doch wir müssen leider auch feststellen, dass die Sicherheitsmaßnahmen an besonders gefährdeten Orten und zum Schutz der Institutionen nicht ausreichen.“
In New Delhi reagierten Regierung und Bevölkerung nach dem Attentat jedoch gemäßigt: „Die Menschen lassen sich nicht einschüchtern. Das Hohe Gericht hat seine Arbeit bereits wieder aufgenommen und in der Stadt geht der Alltag im normalen Rhythmus weiter“, so P. Jeyaraj.
Was die Reaktion der indischen Christen anbelangt, sagt der Jesuitenpater zum Fidesdienst: „Unsere Arbeit muss Konflikte und Gewalt im Vorfeld verhindern: dafür ist Engagement auf kultureller, sozialer und religiöser Ebene nötig, damit eine Atmosphäre des Friedens und des friedlichen Zusammenlebens zwischen den verschiedenen in Indien zusammenlebenden Gemeinschaften entstehen kann. Wir versuchen Kontakte zwischen dem Gemeinschaften herzustellen und den Menschen beizubringen, dass man sich gegenseitig nicht als Feinde sondern als Menschen mit der uns innewohnenden Würde betrachten muss. Wir möchten dazu beitragen, dass unter den Gläubigen verschiedener Religionen Respekt und Liebe herrschen. Auf diese Weise schenken wir dem Land Hoffnung.“
Nach dem Attentat in Delhi veröffentlichte die Bischofskonferenz, die bereits gestern durch Kardinal Gracias im Gespräch mit dem Fidesdienst ihre Bestürzung geäußert hatte, eine offizielle Verlautbarung in der es heißt: „Wir verurteilen alle, die das Leben unschuldiger Menschen zerstören“, „sie arbeiten gegen den göttlichen Plan und stellen unter Beweis, dass sie Feinden einer friedlichen sozialen Ordnung sind“. Schließlich bitten die Bischöfe alle Bürger des Landes um „Mithilfe bei der Bekämpfung des Terrorismus“. (PA) (Fidesdienst, 08/09/2011)


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