ASIEN/INDIEN - Radikale Hindus lehnen das Gesetz zum Schutz der Minderheiten ab; katholische Kirche hält es für „richtig und notwendig“

Dienstag, 7 Juni 2011

New Delhi (Fidesdienst) – Für die Christen in Indien ist es „richtig und notwendig“; extremistische Hindugruppen bezeichnen es als „Ergebnis eines internationalen Komplotts gegen hinduistische Gläubige“. Wie einheimische Beobachte dem Fidesdienst berichten, findet in Indien eine heftige Debatte über den Entwurf eines Gesetzes gegen interkommunitäre Gewalt (“Communal Violence Bill") statt, das Übergriffe auf ethnische oder religiöse Minderheiten verhindern soll. Das Gesetz, das bereits in den vergangnen Wochen vom „National Advisory Council“ gebilligt wurde, wird im kommenden Monat dem indischen Parlament zur Debatte vorliegen. Das Dokument gewährt der indischen Zentralregierung weit reichende Kompetenzen, die Episoden der Massengewalt und Missbrauch von religiösen, ethnischen oder kulturellen Minderheiten verhindern soll und dabei unabhängig von einer Genehmigung durch die einzelnen Staaten der indischen Föderation in Anspruch genommen werden können (vgl. Fidesdienst vom 27/05/2011 und 30/05/ 2011).
Radikale Hindugruppen brachten unterdessen eine Kampagne auf den Weg, die dem Gesetzesentwurf die Legitimation entziehen soll. Subhas Couhan von der radikalen Bewegung „Bajrang Dal“ erklärte bei einer öffentlichen Kundgebung in Orissa – Schauplatz antichristlicher Gewalt im Jahr 2008 – dass das Gesetz „externen Mächten“ gehorche und „Ergebnis einer internationalen Konspiration gegen hinduistische Gläubige“ sei. „Das Gesetz“, so Couhan weiter, „beeinträchtigt die Kompetenzen der einzelnen Staaten und ist demnach ein Übergriff auf die föderative Politik des Landes“. In diesem Zusammenhang kündigte er eine landesweite Kampagne an, die das Gesetz blockieren soll.
Pfarrer Joseph Babu Karakombil, Sprecher der Indischen Bischofskonferenz, betont im Gespräch mit dem Fidesdienst, dass „alle christlichen Gemeinden, die muslimischen Gläubigen, Nichtregierungsorganisationen und Menschenrechtsbewegungen sowie gemäßigte Hindus das Gesetz befürworten. „Das Gesetz“, so Pfarrer Karakombil, „ist das Ergebnis einer jahrelangen Debatte. Es soll zur Verhinderung weiterer Massengewalt gegen Minderheiten beitragen und ist ein wirkkräftiges Instrument zur Vorbeugung gegen interkommunitäre Gewalt, da es den Zentralstaat zum Handeln zwingt. Wenn wir auf die Geschichte Indiens in den vergangenen 50 Jahren blicken, dann glauben wir, dass es sich um ein richtiges und notwendiges Gesetz handelt. In vielen Fällen – wie zum Beispiel bei den Übergriffen auf Christen in Orissa oder auf Muslime in Gujarat – hatte die Zentralregierung untätig zugeschaut oder erst mit großer Verspätung eingegriffen, weil sie nur auf Anfrage der einzelnen Unionsstaaten handeln konnte“.
„Das Gesetz dient auch zur Entkräftung der politischen Komplizenschaft“, so der Sprecher der Bischofskonferenz, „zu der es in diesen Fällen gekommen war. Und es schafft ein weiteres Instrument: es wird eine unabhängige Behörde geben, die die Entstehung von Spannungen beobachtet.“
„Wir glauben, dass dieses Gesetz auch zum Aufbau des sozialen Friedens und des harmonischen Zusammenlebens zwischen den Religionen in Indien beitragen wird“, so Pfarrer Karakombil abschließend, „und es schützt alle Minderheiten: Christen, Muslime, Dalit, Kastenlose, aber auch Hindus, in den sieben indischen Staaten, in denen diese in der Minderheit leben.“ (PA) (Fidesdienst, 07/06/2011)


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