ASIEN/INDIEN - KARDINAL VARKEY VITHAYATHIL: „DIE SYRO-MALABARISCHE KIRCHE IST DANK IHRES REICHTUMS AN MISSIONSBERUFEN BEREIT FÜR DIE VERKÜNDIGUNG DES EVANGELIUMS“

Donnerstag, 15 Mai 2003

Vatikanstadt (Fidesdienst) – In der syromalabarischen Kirche gibt es viele einheimische Ordens- und Laienberufe und damit eine umfassende Familienpastoral und ein ausgeprägtes Missionsbewusstsein. Die durch das Predigen des hl. Apostel Thomas bereits 52 n. Ch. entstandene Kirche zeugt damit von der Wiedergeburt und dem missionarischen Eifer des Christentums im heutigen Asien. Darüber sprach der Großerzbischof von Enrakulam-Angamaly, Kardinal Vakrey Vithayathil, in einem Interview mit dem Fidesdienst. Der indische Kardinal hält sich anlässlich des ad limina-Besuchs der syro-malabarischen Bischöfe derzeit in Rom auf.
Das Zentrum dieser „autonome Kirche“, die in voller Gemeinschaft mit Rom steht, befindet sich im indischen Unionsstaat Kerala (im Südwesten Indiens). Weltweit hat die syro-malabairscher Kirche jedoch rund 3,9 Millionen Mitglieder. Ein besonderes Kennzeichen dieser Kirche sind die zahlreichen Priester- und Ordensberufe: über 6.000 Diözesanpriester (211 Neugeweihte im Jahr 2002), 30.000 Schwestern und tausende Ordenspriester und Laienbrüder stammen aus der syro-malabarischen Kirche und sind in Diözesen und Kongregationen des lateinischen Ritus tätig, so dass rund 70% aller Priester (Welt- und Ordenspriester) und Schwestern in Indien (mit 17 Millionen Christen bei rund 1 Milliarde Einwohner) ursprünglich dieser Kirche angehören.
Kardinal Varkey Vithayathil, der sich am Rande des ad limina-Besuchs auch zu einem Gespräch mit Crescenzio Kardinal Sepe, Präfekt von „Propaganda Fide“ traf, erläuterte in einem Interview mit dem Fidesdienst die Hauptgründe für die Blüte der Berufe in seiner Kirche: „Die syro-malabarische Kirche ist eine Kirche mit sehr antiker katholischer Tradition, die ihre Wurzeln in den Anfängen der Kirche hat. Der Heilige Vater hat daran erinnert, dass unserer Kirche nie vom Sitz des Petrusnachfolgers getrennt war. Der Glaube ist in Laufe der Jahrhunderte ein ausschlaggebendes Element der Identität der Menschen geworden“. „An zweiter Stelle ist trotz Säkularisierung und Globalisierung der Glaube weiterhin ein wichtiges Element des Familienlebens. In den Familien wird viel gebetet, vor dem Abendessen beten Eltern und Kinder gemeinsam den Rosenkranz; viele nehmen jeden Tag an der Heiligen Messe teil. In wahrhaft christlichen Familien entstehen viele Priester- und Ordensberufe“. Außerdem weist der Kardinal darauf hin, dass „in den Pfarreien eine intensive Katechesetätigkeit stattfindet, so dass Kinder und Jugendliche mit Unterstützung zahlreicher Laien mit Begeisterung zum Glauben hingeführt werden. Wir können auf eine umfassende, systematische und organisierte Katechese zählen“.
Die syro-malabarische Kirche besitzt auch ein ausgeprägtes Missionsbewusstsein: „Wir wollen missionarisch tätig sein, wie dies in den Dokumenten des Zweiten Vatikanischen Konzils betont wird, die allen Kirchen des Westens und des Ostens das Recht und die Pflicht der Evangelisierung zuerkennen. Gegenwärtig entsenden wir tausende Priester uns Ordensleute in andere Teile Indiens, aber auch nach Afrika und Lateinamerika. Viele unserer Priester und Schwestern schließen sich Kongregationen oder Diözesen des lateinischen Ritus an: unsere Kirche gibt gerne!“
Zu den Vorwürfen gegen christliche Missionare, die in Indien oft verdächtigt werden, Proselytismus (Abwerben von Gläubigen) unter dem Deckmantel des sozialen Engagements zu betreiben erklärt der Kardinal: „In Indien sind unsere Missionare gern gesehen. Fundamentalisten richten sich mit ihren Vorwürfen vor allem gegen Missionare mit europäischem Aussehen und Namen oder mit dem Lebensstil oder den Bräuchen des lateinischen Ritus, die größtenteils während der Kolonialzeit in unser Land gekommen sind. Unsere Kirche ist hingegen ganz und gar indisch. Wir haben mit den Hindus die indische Kultur gemeinsam. Deshalb ist es für uns leichter, missionarisch tätig zu sein“. Zu den Dekreten, die in eingien indischen Unionsstaaten Bekehrungen verbieten äußert sich der Kardinal besorgt: „Sie verstoßen gegen die Gewissens- und Religionsfreiheit, auf die jeder Menschen Anspruch hat“. Wenn man für eine Taufe oder eine Bekehrung eine richterliche Genehmigung braucht, dann werden weltliche und religiöse Dinge vermischt“.
Die syro-malabarische Kirche wird für ihren Beitrag zur menschlichen und geistlichen Entwicklung der indischen Bevölkerung geschätzt: aufgrund der von ihr vorangetriebenen Bildungsprogramme gehört Kerala zu den indischen Unionsstaaten mit der höchsten Alphabetisierungsrate. „Politiker, Intellektuelle und Menschenrechtskämpfer, die zum Wohl der indischen Nation beigetragen haben, wurden an katholischen Schulen ausgebildet“.
„Das Geheimnis der Vitalität der syro-malabarischen Kirche“, so Kardinal Vithayathil abschließennd, „sind die drei Pfeiler, auf die unsere seelsorgliche Tätigkeit gründet: Eucharistie, Verehrung der Gottesmutter und Gehorsam gegenüber dem Papst“.
(PA) (Fidesdienst, 15/5/2003 – 60 Zeilen, 674 Worte)


Teilen: