EUROPA/ITALIEN - Der Papst, der die Juden rettete. Aus den geheimen Archiven des Vatikan wird die ganze Wahrheit über Papst Pius XII. erkenntlich. Ein Buch von Matteo Luigi Napolitano und Andrea Tornielli. Der Fidesdienst sprach mit einem der beiden Autoren.

Dienstag, 25 Mai 2004

Rom (Fidesdienst) - Am 31. Mai um 16.00 Uhr wird in der Aula Magna der katholischen Universität LUMSA (Libera Università Maria Santissima Assunta) in Rom ein Buch der Autoren Matteo Luigi Napolitano und Andrea Tornielli mit dem Titel „Der Papst, der die Juden rettete“ (Verlag Piemme) vorgestellt, in dem die Autoren anhand von bisher unveröffentlichten Dokumenten aus den geheimen Archiven des Vatikan die Gestalt von Papst Pius XII. rekonstruieren. An der Präsentation nehmen unter anderen der italienische Senator Giulio Andreotti, der Jesuitenpater Pierre Blet und der Rektor der LUMSA, Giuseppe Dalla Torre, teil.
„Dieses Busch“, heißt es in dem von Sergio Romano geschriebenen Vorwort, „hat das Verdienst, dass es anhand einer sorgfältigen Dokumentation ein Paradox aufzeigt, das meine Generation als Augenzeugen miterlebt hat. Über einige Jahre hinweg genoss Papst Pius XII. nach Kriegsende insbesondere unter den jüdischen Gemeinden ein hohes Ansehen und es wurden ihm Gefühle des Dankes entgegen gebracht, für den Mut und die Hochherzigkeit mit der er viele Juden vor der Naziverfolgung beschützt und gerettet hatte… Doch plötzlich verwandelte sich diese positive Urteil in das Gegenteil“.
Der Fidesdienst sprach mit einem der beiden Autoren des Buches, des Vatikanforschers Andrea Tornielli.
Welche Neuheiten enthält das Buch?
Wir haben Dutzende Dokumente aus den geheimen Archiven des Vatikan analysiert und veröffentlicht, die auf Beschluss von Papst Johannes Paul II. in den vergangenen Monaten zugänglich gemacht wurden. Außerdem haben wir in Unterlagen bezüglich der Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und Deutschland während der Zeit von Papst Pius XI. Einsicht genommen, als der zukünftige Papst Pius XII. noch Kardinalstaatssekretär war.
Was ging aus diesen Dokumenten hervor?
Diese Dokumente zeigen unmissverständlich, dass sich der Heilige Stuhl bereits angesichts der bevorstehenden Machtübernahme Hitlers zugunsten der Juden einsetzte, um das Nazideutschland von der diskriminierenden Politik ihnen gegenüber abzubringen. Pacelli persönlich bestand darauf und bat den Apostolischen Nuntius in Berlin, Cesare Orsenigo, sich für die Juden-Frage einzusetzen. Es wurde uns immer erzählt, dass der Vatikan geschwiegen und sich zurückhaltend verhalten habe, wohingegen sich Vertreter des Episkopats engagiert haben sollen. Doch die Dokumente zeigen eine andere Wirklichkeit: Die Bischöfe waren vom Heiligen Stuhl dazu angeregt worden.
Was hat Papst Pius XII. konkret für die Juden getan?
In unserem Buch zitieren wir nicht nur eine enorme Menge von bereits bekannten, aber leider vergessenen Dokumenten hinsichtlich der Initiativen zum Schutz der Juden, sondern wir zeigen dank neuer Beweise auch unveröffentlichte Einzelheiten über die vom Heiligen Stuhl an zahlreiche italienischen Diözesen ergangenen Anordnungen. Es handelt sich um ein Schreiben des Vatikans, in dem die Bischöfe ausdrücklich darum gebeten wurden, alle möglichen Maßnahmen zum Schutz verfolgter Juden zu ergreifen.
Das Buch enthält ein Kapitel, in dem Sie Fehler, Falschheiten, Unterlassungen und grobe Schnitzer in zahlreichen Veröffentlichungen über Papst Pius XII. beklagen. Weshalb haben Sie dieses Kapitel geschrieben?
Wir wollten zeigen, wohin eine einseitige Nutzung von Dokumenten und die Missachtung von Zeugenaussagen führen kann, denen man nur Glauben schenkt, wenn sie der Anklage nützlich sind, während man sie systematisch ignoriert, wenn sie Gegenteiliges behaupten. Leider kommen diese Fehler der Einseitigkeit nicht nur in journalistischen Pamphlets vor, sondern auch in von Historikern und angesehenen Dozenten verfassten Büchern. Wir hielten es für wichtig, darauf hinzuweisen. (AP) (Fidesdienst, 25/5/2004 - 51 Zeilen, 557 Worte)


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