ASIEN/SÜDKOREA - Bischöfe nach der Amtsenthebung von Präsident Yoon: „Jetzt beginnt die Zeit der Politik“

Freitag, 4 April 2025

Photo Yiho

Von Pascale Rizk

Seoul (Fides) - Nach 111 Tagen seit seiner Suspendierung am 14. Dezember 2024 wurde Südkoreas 20. Präsident Yoon Suk Yeol heute, 4. April, um 11.22 Uhr (Ortszeit) vom koreanischen Verfassungsgericht탄핵 인용 endgültig des Amtes enthoben, nachdem ein entsprechendes Urteilen von allen acht Richtern einstimmig getroffen worden war.
„Zuallererst fordern wir, dass die Staatsgewalt alle Anstrengungen unternimmt, um das Vertrauen des Volkes zurückzugewinnen und Harmonie zu schaffen. Insbesondere fordern wir die Politiker auf, nicht zu vergessen, dass sie dazu da sind, dem Volk zu dienen, und eine Politik der gegenseitigen Achtung und des Zuhörens zu fördern, die auf das Zusammenleben ausgerichtet ist“, so die katholischen Bischöfe des Landes nach dem Urteil des Verfassungsgerichts zur Amtsenthebung von Präsident Yoon Suk-yeol. „Der Prozess zur Wahl einer verantwortungsvollen und moralischen Führungspersönlichkeit mit Blick auf die soziale Versöhnung und das Gemeinwohl muss auf demokratische und reife Weise durchgeführt werden“, betonten die Bischöfe. Innerhalb der nächsten 60 Tage müssen nun Neuwahlen stattfinden.
Gegen den südkoreanischen Präsidenten wurde ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet, nachdem er in der Nacht zum 3. Dezember die Verhängung des Kriegsrechts angeordnet hatte, um gegen „pro-nordkoreanische Kräfte vorzugehen und die demokratische Verfassungsordnung zu schützen“.
Im Gegensatz zum Amtsenthebungsverfahren gegen die frühere Präsidentin Park Geun-hye im Jahr 2017, das 11 Tage dauerte, und zum Verfahren gegen den früheren Präsidenten Roh Moo-hyun im Jahr 2004, der 14 Tage nach Ende der Anhörungen wieder in sein Amt eingesetzt wurde, erging das Urteil gegen Yoon nach sechs Wochen, in denen viele Koreaner weiterhin auf den Plätzen gegen oder für Yoon demonstrierten. Die Proteste haben sich in den letzten drei Wochen vor dem Gebäude des Verfassungsgerichts auf dem Songhyeon-Platz verstärkt, wo sich am Montag, dem 31. März, auch 2.000 Geistliche und Gläubige verschiedener Glaubensgemeinschaften, darunter 200 katholische Priester, versammelten.
Heute waren mehr als 14.000 Polizisten in Seoul im Einsatz, um gewalttätige Ausschreitungen zu verhindern. Der ursprünglich auf 100 Meter festgelegte Sicherheitsabstand zum Gerichtsgebäude wurde auf 300 Meter ausgeweitet, wobei Polizeibusse als Barrikaden eingesetzt wurden.
Yoons Ausrufung des Kriegsrechts am späten Abend erschien vielen Analysten als der jüngste Versuch, die Kontrolle über den politischen Entscheidungsprozess des Landes zu behalten, nachdem es seiner „People's Power Party“ nicht gelungen war, ein Gesetz durch das von der oppositionellen Demokratischen Partei kontrollierte Parlament zu bringen. Sein Verhalten löste eine Reaktion zahlreicher Koreaner aus, die vor der Nationalversammlung massiv protestierten. Trotz der Versuche von Teilen der Armee, die Parlamentarier an der Abstimmung über die Aufhebung des Kriegsrechts zu hindern, wurde dieses nur sechs Stunden nach seiner Ausrufung, vor Sonnenaufgang am 4. Dezember 2024, aufgehoben. Der Präsident wurde aufgrund eines in der Silvesternacht ausgestellten Haftbefehls verhaftet. Die Verhaftung erfolgte am 15. Januar durch Beamte des „Corruption Investigation Office“ (CIO). Yoons Verteidigung erreichte am Freitag, den 7. März, die Aufhebung der Verhaftung durch das zentrale Bezirksgericht von Seoul und berief sich dabei auf einige Verfahrenslücken bei der strafrechtlichen Durchführung.
„Man sagt, dass sich die Geschichte wiederholt, aber heute sehen sich unsere Nation und unser Volk gezwungen, unter Schmerzen eine unglückliche Seite der Geschichte zu schreiben, die niemand je sehen wollte. Zum zweiten Mal in unserer Geschichte wurde das Amtsenthebungsverfahren gegen einen vom Volk gewählten Präsidenten bestätigt“, heißt es in dem Brief der Bischöfe an die koreanischen Gläubigen. „Jetzt beginnt die Zeit der Politik: Wir müssen unsere Weisheit vereinen, um einen neuen Präsidenten zu wählen, der unsere Nation führen wird. Wir müssen einen Führer wählen, der zutiefst anerkennt, dass die präsidiale Macht eine vom Volk übertragene Macht ist, eine Macht im Dienste des Volkes, und der die Einstellung und die Bereitschaft hat, sich jederzeit zu opfern, um das Leben und das Eigentum des Volkes zu schützen.“
In den vergangenen sechs Wochen wurden mehrere Appelle zur Ruhe an die Bürger gerichtet und die Politiker wurden aufgerufen, sich dafür einzusetzen, dass Südkorea die Krise überwindet. „Respektieren und akzeptieren Sie die Entscheidung des Verfassungsgerichts, damit diese nationale Krise reibungslos gelöst werden kann“, so lautete der am 5. März veröffentlichte Appell der Vereinigung der wichtigsten religiösen Konfessionen in Südkorea, einschließlich der katholischen Kirche (vertreten durch Bischof Matthias Ri Long-hoon, Vorsitzender der katholischen Bischofskonferenz von Korea und Bischof von Suwon). In ihrer „Erklärung an das Volk vor dem Amtsenthebungsverfahren“ betonten die Vertreter der Glaubensgemeinschaften, dass „die Demokratie auf der Achtung von Regeln beruht“.
Einer der letzten Appelle an das Verfassungsgericht wurde vor einigen Tagen von Kardinal Lazaro You Heung-sik, dem Präfekten des Dikasteriums für den Klerus, auf den Weg gebracht. In einer Botschaft, in der er sich am 21. März an die Gläubigen in Korea richtete, rief der Kardinal dazu auf, „mit einem verzweifelten Herzen für die Republik Korea in der Krise“ und „auf die Stimme der Gerechtigkeit und des Gewissens zu hören, die tief in uns wohnt“ und nicht länger zu zögern, „ein Gewissensurteil zu fällen“. Auch die koreanische Bischofskonferenz hatte sich am 1. April, nachdem das Verfassungsgericht bekannt gab, dass es am 4. April das Verfahren zur Amtsenthebung von Präsident Yoon Seok-yeol abhalten wird, geäußert: „Wir müssen eine Haltung einnehmen, die jede Entscheidung des Verfassungsgerichts begrüßt. Unabhängig von der Entscheidung wird die Kirche in Korea in der Hoffnung beten, dass alle Bürger das Urteil respektieren und akzeptieren werden. Auf diese Weise wird unser Land einen weiteren Schritt auf dem Weg zu einer reiferen demokratischen Nation machen.“
In den letzten Monaten war Südkorea stärker polarisiert als je zuvor. Vom ersten Abend an hielt die bittere Kälte des Dezembers die Koreaner nicht davon ab, auf die Straße zu gehen, um gegen die erste Verhängung des Kriegsrechts seit dem Militärregime (1961-1987) zu rebellieren. Auch an Kundgebungen der Anhänger des wiedereingesetzten/entlassenen Präsidenten Yoon mangelte es nicht, während der Glaube daran, dass der Wille des Volkes die Grundlage der demokratischen politischen Institutionen ist, ungebrochen ist.
Nun hoffen alle, dass die Verkündung des Urteils dazu beitragen wird, die Phase des politischen Aufruhrs zu überwinden, in der sich das Land befindet, das gleichzeitig auch von Naturkatastrophen heimgesucht wurde, während beim Absturz eines koreanischen Linienflugzeugs am 29. Dezember 2024 insgesamt 179 Menschen ums Leben kamen.
(Fides 04/04/2025)

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