Addis Abeba (Fides) - Entführungen mit dem Ziel der Lösegelderpressung sind in mehreren Regionen Äthiopiens auf dem Vormarsch. Sie werden sowohl von kriminellen Banden als auch von Guerillabewegungen durchgeführt, die sich mit den erpressten Lösegeldern finanzieren. Entführungen haben aber auch einen politischen Zweck: Sie sollen in der Bevölkerung Angst und Misstrauen gegenüber den Behörden säen.
Anfang Juli sorgte die Entführung von hundert Studierenden, die aus der Amhara-Region nach Addis Abeba reisten, für Aufsehen. Sie wurden von Guerillkämpfern in Garba Guracha in der Region Nord-Soa, etwa 155 km von der Hauptstadt entfernt, in der Region Oromia entführt.
Die Entführer, die angeblich der Oromo Liberation Army (OLA) auch bekannt als Oromo Liberation Front, (OLF Shene) angehören, fingen drei Busse ab, in denen die Studierenden unterwegs waren. Die Familien einiger der Geiseln haben von den Entführern Lösegeldforderungen (zwischen 8.000 und 17.000 USD) erhalten, aber bisher wurden die Geiseln nicht freigelassen.
Die meisten Entführungen werden aus der Region Oromia gemeldet, aber es gibt auch immer mehr Fälle von Entführungen in anderen vom Krieg gezeichneten Regionen, insbesondere in den Krisenregionen Tigray und Amhara. Auch grenzüberschreitende Entführungen durch Nicht-OLA-Gruppen wurden aus verschiedenen Teilen des Landes gemeldet.
Die OLA wies unterdessen in einer am 11. Juli auf X veröffentlichten Erklärung die Anschuldigungen zurück, die Entführungen verübt zu haben, und beschuldigte stattdessen die Regierungspartei, die Entführungen als Mittel zur Diskreditierung der Opposition zu nutzen, und behauptete, die Regierung entführe Bürger, um ihre Kritiker zu diffamieren.
Abgesehen vom Wahrheitsgehalt der darin enthaltenen Behauptungen zeigt diese Erklärung, dass die Geißel der Entführungen nicht nur eine kriminelle, sondern auch eine politische Angelegenheit ist. Bis vor kurzem waren Entführungen außerhalb der OLA-Hochburgen in West-Oromia in der Tat selten. Die Übergriffe richteten sich in der Regel gegen Polizeibeamte, Regierungsbeamte und deren Angehörige, und die Ziele waren in der Regel politischer Natur, z. B. die Erhöhung der Instabilität oder die Demonstration der Präsenz der Guerilla in einem bestimmten Gebiet. Die Vorgehensweise der OLA könnte jedoch kriminelle Banden inspiriert haben, die sich in den letzten Monaten vor allem aus wirtschaftlichen Gründen dem Geschäft der Entführungen mit dem Ziel der Lösegelderpressung zugewandt haben. Die Instabilität und die prekäre wirtschaftliche Lage in den betroffenen Regionen Äthiopiens, die von den jüngsten Konflikten hervorgerufen wurden, die nie vollständig beigelegt wurden (Tigray und Amhara), begünstigen kriminelle Handlungen wie Entführungen.
Erpresserische Entführungen machen auch vor Mitarbeitern einiger internationaler Hilfsorganisationen nicht halt. Dies ist der Fall von Yared Malese, einem Mitarbeiter der Action for Social Development and Environmental Protection Organisation (ASDEPO), der von einer unbekannten bewaffneten Gruppe entführt und anschließend ermordet wurde, die im Bezirk Dawunt in North Wollo in der Region Amhara aktiv ist. Mit der Ermordung von Malese wurden insgesamt bereits acht Mitarbeiter von Hilfsorganisationen in Äthiopien getötet, davon sechs in der Region Amhara. Im Jahr 2024 wurden nach Angaben der in Äthiopien tätigen UN-Organisationen 14 Entführungen von Entwicklungshelfern zum Zwecke der Lösegelderpressung gemeldet, hauptsächlich in den Regionen Zentral- und Nord-Gondar.
(L.M.) (Fides 21/8/2024)
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