VATIKAN/GENERALAUDIENZ - Papst Franziskus: “Hunderte Millionen Kinder werden zu Opfern von Missbrauch und Ausbeutung”

Mittwoch, 15 Januar 2025

Vatican Media

Vatikanstadt (Fides) - „Kindesmissbrauch, gleich welcher Art, ist eine verabscheuenswürdige und abscheuliche Tat. Er ist nicht nur ein Schandlfleck für die Gesellschaft und ein Verbrechen, sondern auch ein grober Verstoß gegen die Gebote Gottes. Kein Kind sollte missbraucht werden. Selbst ein Fall ist schon zu viel!“, so Papst Franziskus bei der heutigen Generalaudienz im Rahmen des kurzen Katechesezyklus über Kinder, womit er den Weg die Reflexion zum Thema Hoffnung unterbrach, der die Generalaudienzen bis zum Ende des Heiligen Jahres begleiten wird.
Und während der Papst vor einer Woche darauf hingewiesen hatte, wie sehr Jesus in seinen Wirken immer wieder davon gesprochen hat, wie wichtig es ist, die Kleinen zu schützen, sie aufzunehmen und zu lieben (vgl. Fides 8/1/2025), wies er heute darauf hin, dass in der heutigen Gesellschaft „Hunderte Millionen Minderjährige zur Arbeit gezwungen werden obwohl sie noch nicht alt genug sind, um den Verpflichtungen des Erwachsenalters nachzukommen“, viele andere „sind Sklaven des Menschenhandels zum Zwecke der Prostitution oder Pornographie und der Zwangsheirat“. „Das ist bitter“, fügte der Papst hinzu und bemerkte: „In unseren Gesellschaften werden Kinder leider auf vielfältige Weise missbraucht und misshandelt“.
Für den Bischof von Rom ist es notwendig, „das Gewissen zu wecken“ und „Nähe und konkrete Solidarität mit den missbrauchten Kindern und Jugendlichen zu üben“ und gleichzeitig „Synergien“ mit jenen aufzubauen, die sich dafür einsetzen, „ihnen Chancen und sichere Orte zu bieten, an denen sie unbeschwert aufwachsen können“.
Abweichend vom Text sprach der Papst über die Situation in Lateinamerika, wo eine besondere Frucht namens „arandano“ (eine Art Heidelbeere), und um sie zu ernten, „braucht man zarte Hände. Und sie lassen es Kinder tun, sie versklaven sie als Kinder für die Ernte“.
Die weit verbreitete Armut, der Mangel an sozialen Hilfen zur Unterstützung der Familien, die Arbeitslosigkeit und die Unsicherheit der Arbeitsplätze sind nach den Worten des Papstes „Faktoren, die den jüngsten Kindern den höchsten Preis aufbürden“. Am deutlichsten werde dies in den Großstädten, wo die Kinder „wo die soziale Kluft und der moralischen Verfall besonders stark ausgeprägt sind“, wo Kinder im Drogenhandel und in den verschiedensten illegalen Aktivitäten tätog sind. Diese Kinder werden zu „Opfern“ und manchmal „werden sie auf tragische Weise dazu veranlasst, ‚Henker‘ anderer Gleichaltriger zu werden und sich selbst, ihre Würde und Menschlichkeit zu verletzen. Und doch schauen wir oft weg, wenn sich diese verlorenen Leben auf der Straße, in der Nachbarschaft der Pfarrei, unseren Blicken darbieten“.
Es koste Überwindung, „die soziale Ungerechtigkeit zu erkennen, die zwei Kinder, die vielleicht im selben Viertel oder Wohnblock leben, dazu bringt, diametral entgegengesetzte Wege und Schicksale einzuschlagen, weil eines von ihnen in eine benachteiligte Familie hineingeboren wurde. Eine unannehmbare menschliche und soziale Kluft: zwischen denen, die träumen dürfen, und denen, die sich unterordnen müssen“.
Papst Franziskus erinnerte dann an die Geschichte des kleinen Loan, eines fünfjährigen Jungen, der im Juni letzten Jahres in der argentinischen Provinz Corrientes verschwunden ist und von dem man annimmt, dass er Opfer eines Menschenhandelsnetzes ist: „Der Verbleib dieses Kindes ist unbekannt. Eine der Hypothesen ist, dass er entführt wurde, um Organe zu entnehmen, um Transplantationen durchzuführen. Und das wird leider auch gemacht. Einige kommen mit einer Narbe zurück, andere sterben. Deshalb möchte ich heute an diesen Jungen Loan erinnern“.
Aber Jesus, betonte der Bischof von Rom. „will, dass wir alle frei und glücklich sind“. „Deshalb bittet er uns, innezuhalten und auf das Leid der Stimmlosen und Ungebildeten zu hören“, betonte der Papst. „Der Kampf gegen die Ausbeutung, insbesondere gegen die Ausbeutung von Kindern, ist der Weg zu einer besseren Zukunft für die gesamte Gesellschaft“. Der Papst lädt in diesem Zusammenhang dazu ein, den Kauf von Produkten zu unterlassen, „in denen Kinderarbeit eingesetzt wird“. „Wie kann ich essen oder mich mit etwas anziehen, wenn ich weiß, dass hinter diesen Lebensmitteln oder Kleidern ausgebeutete Kinder stecken, die arbeiten, anstatt zur Schule zu gehen?“, fragte sich der Papst, „Sich bewusst zu machen, was wir kaufen, ist ein erster Schritt, um nicht mitschuldig zu werden“, betont er, „Manche werden einwenden, dass wir als Einzelne nicht viel tun können. Das stimmt, aber jeder Einzelne kann ein Tropfen sein, der zusammen mit vielen anderen Tropfen zu einem Meer werden kann“. Aber man müsse „auch Institutionen, einschließlich kirchlicher Einrichtungen, und Unternehmen in ihre Verantwortung erinnern“. „Sie können etwas bewirken, indem sie ihre Investitionen auf Unternehmen verlagern, die keine Kinderarbeit einsetzen oder zulassen“.
Abschließend richtete der Papst einen Appell an die Staaten und internationalen Organisationen, „mehr zu tun“, und eine Aufforderung an die Journalisten, „ihren Teil beizutragen: Sie können dazu beitragen, das Bewusstsein für das Problem zu schärfen und Lösungen zu finden. Habt keine Angst, macht diese Dinge bekannt“.
Bei der Begrüßung der zahlreichen Pilger, die in die Audienzhalle gekommen waren, erinnerte der Papst an Myanmar, wo vorgestern ein Erdrutsch Häuser weggerissen und Opfer, Vermisste und enorme Schäden gefordert hat. „Ich stehe den von dieser Katastrophe betroffenen Menschen nahe und bete für diejenigen, die ihr Leben verloren haben, und für ihre Familien. Möge es diesen Brüdern und Schwestern von uns bei dieser schweren Katastrophe nicht an Unterstützung und Solidarität der internationalen Gemeinschaft fehlen“, so Papst Franziskus.
„Vergessen wir nicht die gequälte Ukraine, Myanmar, Palästina, Israel und so viele Länder, die sich im Krieg befinden. Lasst uns für den Frieden beten. Krieg ist immer eine Niederlage. Und lasst uns bitte auch für die Bekehrung der Herzen der Waffenhersteller beten, denn mit ihren Produkten helfen sie zu töten…“, so der Papst abschließend.
(F.B.) (Fides 15/1/2025)


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