AFRIKA/NIGERIA - Selbstmordattentate in Gwoza: Handelt es sich um Rivalität der Dschihadisten um die Kontrolle des Gebiets?

Dienstag, 2 Juli 2024 dschihadisten  

Abuja (Fides) - Die Zahl der Opfer des Vierfachanschlags, der am 29. Juni in Gwoza im Bundesstaat Borno im Nordosten Nigerias verübt wurde, ist auf 32 gestiegen.
Einige der etwa 50 Verwundeten starben im Krankenhaus, wo sie wegen schwerer Verletzungen behandelt wurden. Vier Frauen verübten die vier Selbstmordanschläge. Die erste, die von einem Kind begleitet wurde, sprengte sich bei einer Hochzeitsfeier in die Luft. Eine zweite Selbstmordattentäterin sprengte sich an einem Kontrollpunkt in die Luft, als sie von den Militärs zu einer Kontrolle angehalten wurde. Anschließend ereignete sich eine dritte Explosion in einem Krankenhaus, die ebenfalls von einem Selbstmordattentäter verursacht wurde. Schließlich sprengte sich eine vierte Selbstmordattentäterin beim muslimischen Trauergebet für die Opfer des ersten Anschlags in die Luft.
Nach Angaben der Polizei wurden weitere Anschläge in der 300.000-Einwohner-Stadt, die 2014 von Boko Haram besetzt und 2015 vom nigerianischen Militär mit Hilfe des tschadischen Militärs zurückerobert worden war, verhindert.
Zu den Anschlägen hat sich bislang niemand bekannt, doch die Ermittler vermuten, dass sie von einer der beiden Hauptgruppen verübt wurden, in die sich Boko Haram aufgespalten hat, nämlich von der einen, der „Jama'tu Ahlis Sunna Lidda'awati wal-Jihad“ (JAS). Die andere Gruppe, die Provinz Islamischer Staat Westafrika (ISWAP), hat sich dem Islamischen Staat angeschlossen und wurde zur "Provinz Westafrika".
Die beiden rivalisierenden Formationen kämpfen seit dem Tod des JAS-Führers Abubakar Shekau im Jahr 2021 um die Kontrolle über weite Gebiete im Nordosten Nigerias. Shekau beging Selbstmord, um nicht in die Hände der rivalisierenden Gruppe zu fallen, die sein Versteck umstellt hatten.
Die JAS ist zwischen den Inseln des Tschadsees (an dessen Ufern Nigeria, Tschad und Kamerun liegen) und den Mandara-Bergen aktiv. Die beiden Gruppierungen haben sich erbittert bekämpft und beide haben bei Zusammenstößen zwischen den Dschihadisten mehrere Männer verloren. Die beiden Gruppen haben eine unterschiedliche Haltung gegenüber der muslimischen Zivilbevölkerung, die die Mehrheit der Bevölkerung in dem Gebiet ausmacht. Während die JAS alle Zivilisten als zu plündernde Beute betrachtet, behandelt die ISWAP Muslime anders als Nicht-Muslime. Sie hat versucht, die Beziehungen zur muslimischen Zivilbevölkerung zu verbessern, indem sie sie besteuert und ihre eigene Version von Recht und Ordnung schafft, anstatt sie auszurauben, wie es die JAS tut.
Die JAS, die viel weniger bürokratisiert ist als die andere, neigt dazu, ihren militärischen Befehlshabern weitgehende Autonomie zu gewähren. So könnten die Angriffe vom 29. Juni von einer lokalen Gruppierung oder von der JAS-Führung, die ihre Hochburg nicht weit von Gwoza hat, geplant worden sein.
(L.M.) (Fides 2/7/2024)


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