ASIEN/PAKISTAN - Angriff nach Blasphemievorwürfen: Polizei nimt 44 Personen im Zusammenhang mit Massengewalt fest

Montag, 27 Mai 2024 menschenrechte   blasphemie   religiöse minderheiten  

Sargodha (Fides) - Die pakistanische Polizei hat 44 Personen im Zusammenhang mit Massengewalt gegen einen Christen angeklagt und festgenommen. Der in der Mujahid Colony in Sargodha, einer Stadt in der pakistanischen Provinz Punjab, wohnhafte Christ war beschuldigt worden, den Koran geschändet zu haben. Der Vorfall ereignete sich am vergangenen 25. Mai, als einige Bewohner verbrannte Koranseiten in der Nähe der Häuser einiger christlicher Familien fanden. Nach einer unbegründeten Anschuldigung versammelte sich ein mit Stöcken, Steinen und anderen Waffen bewaffneter Mob vor dem Haus von Nazir Masih, dem christlichen Besitzer einer kleinen Schuhfabrik in der Gegend, und beschuldigte ihn der "Blasphemie", da er angeblich den Koran verbrannt habe, als er den Müll entsorgte.
Einige Bürger, Christen und Muslime, die den Ausbruch von Massengewalt befürchteten, schalteten die örtliche Polizei und Vertreter des "Friedenskomitees" von Sargodha ein, das sich aus christlichen und muslimischen religiösen Führern zusammensetzt, und versuchten, die aufgebrachte Menge zu beruhigen, die inzwischen auf 300 Personen angewachsen war. Trotz allem spitzte sich die Situation zu: Einige Männer setzten die Schuhfabrik in Brand, andere drangen von den angrenzenden Dächern in das Haus von Nazir Masih ein, der erklärte, völlig unschuldig zu sein. Nur durch das schnelle und beherzte Eingreifen von Polizeibeamten konnte der Mann aus dem brennenden Haus gerettet werden, aber Nazir wurde trotzdem verletzt, da die Menge zu Gewalt aufrief.
Die Sicherheitskräfte setzten daraufhin Tränengas ein, um die Menge zu zerstreuen, und nahmen Dutzende von Menschen fest und die pakistanische Polizei brachte ein Verfahren und eine Anzeige gegen insgesamt 44 identifizierte Männer auf den Weg und beschuldigte sie des versuchten Mordes, der Behinderung und des Angriffs auf öffentliche Beamte, terroristischer Handlungen und der Lynchjustiz (auf der Grundlage des Anti-Terror-Gesetz).
Der 70jährige Nazir Masih liegt in einem Krankenhaus in Sargodha und befindet sich in einem kritischen, aber stabilen Zustand. Seinen Anwälten zufolge waren es einige Nachbarn - mit denen er in der Vergangenheit Streit hatte -, die ihn beschuldigten und den Angriff auslösten. "Dies ist ein weiterer Fall von Missbrauch des Blasphemiegesetzes. Es müssen Maßnahmen ergriffen werden, um zu verhindern, dass es instrumentalisiert wird", sagte der katholische Anwalt Khalil Tahir Sindhu, Minister für Menschenrechte in der Provinz Punjab, der sich an den Tatort begab. Der Minister dankte der Polizei für ihr schnelles Eingreifen, das den Lynchmord verhindert hat.
Die christliche Gemeinde im Wohnviertel Mujahid Colony, in der mehrere christliche Familien leben und eine Kirche steht, ist derzeit verängstigt. Eine Delegation der Kommission für Gerechtigkeit und Frieden der pakistanischen Bischöfe unter der Leitung von Erzbischof Joseph Arshad von Islamabad-Rawalpindi begab sich gemeinsam mit Minister Sandhu an den Ort des Geschehens und brachte ihre Solidarität mit den Christen in Sargodha zum Ausdruck. Die Kommission verurteilte die Gewalt und erinnerte an die Ausschreitungen in Jaranwala im vergangenen Jahr und stellte fest, dass "es von wesentlicher Bedeutung ist, dass jeder Vorwurf der Blasphemie gründlich untersucht wird und dass die beschuldigte Person eine faire Chance erhält, sich im Einklang mit den verfassungsmäßigen Rechten zu verteidigen. Unter keinen Umständen sollten Menschenmassen die Freiheit haben, die Justiz in die eigenen Hände zu nehmen". Außerdem wird die Verpflichtung bekräftigt, "Dialog zu fördern, um der Intoleranz entgegenzuwirken".
Nach dem Vorfall bekräftigte unterdessen auch der Erzbischof von Lahore, Sebastian Shaw, in einer Sitzung in Lahore, die Notwendigkeit des Schutzes und der Sicherheit aller Kirchen im Bezirk Sargodha. Diesem Appell schlossen sich auch Abdul Khair Azad, Imam der Hauptmoschee von Lahore, und mehrere Mitglieder der Zivilbehörden an.
(PA) (Fides 27/5/2024)


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