AFRIKA/NIGERIA - Bischof von Minna zu bevorstehenden Wahlen: “Die Menschen wollen einen Wandel in Nigeria”

Samstag, 12 November 2022

Minna (Fides) - "Auch wenn junge Menschen und soziale Gruppen ohne Macht nicht in der Lage sein werden, Einfluss auf die Politik der zukünftigen politischen Führer zu nehmen, ist es dennoch wichtig und beruhigend zu sehen, dass Bewegungen entstehen, die darauf abzielen, die Grundlagen für ein 'neues' Nigeria zu legen", so der Bischof der Diözese Minna, Luka Sylvester Gopep, gegenüber Fides im Hinblick auf die bevorstehenden Parlamentswahlen am 25. Februar 2023. "Wenn wir uns ansehen, was in anderen Ländern wie Kenia und Gambia geschieht, stellen wir fest, dass sich auch viele junge Nigerianer an diesem Prozess in Afrika beteiligen".
Am 25. Februar kommenden Jahres finden in Nigeria Präsidentschaftswahlen statt. Am selben Tag werden auch die Vertreter des Senats und des Repräsentantenhauses gewählt. Die Gouverneure des Landes sollen dann am darauffolgenden 11. März gewählt werden.
Nach Ansicht des Bischofs von Minna stellen die Wahlen eine wertvolle Gelegenheit dar, „Nigeria den ihm gebührenden Platz unter den Nationen zurückzugeben", und eine echte Chance, „Politiker zu wählen, denen das Gemeinwohl am Herzen liegt und die nicht die Ressourcen aller plündern, um sich selbst, ihre Familien, Bekannten und Freunde zufrieden zu stellen".
Die Überlegungen des Bischofs im Vorfeld der Wahl zeigen Entwicklungen auf, die die seiner Meinung nach Hoffnung nähren können. "Es ist das erste Mal", so Bischof Gopep, "dass so viele junge Menschen in Nigeria, so viele Berufstätige, aber auch Gruppen, die normalerweise als Randgruppen gelten, sich zu Wort melden. Sie alle wollten sich auf den Wahllisten registrieren lassen anmelden und eine permanente Wählerkarte erhalten“.
Vor allem junge Menschen nutzen die sozialen Medien, um ihre Unzufriedenheit mit der gegenwärtigen Situation zum Ausdruck zu bringen und einen Wandel zu fordern: "Nigerianer aus allen Gesellschaftsschichten, ethnischen und religiösen Gruppen, politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Zugehörigkeiten wenden sich mit einer ernsthaften Bitte an die politische Elite: Sie wollen einen Wandel in Nigeria hin zu einem Land, das den Erwartungen und Wünschen der Menschen wirklich gerecht wird". Und wenn die Jugend und die Randgruppen der Bevölkerung tatsächlich auch zur Wahl gehen, könnte es nach Ansicht des Bischofs von Minna "einen gewaltigen politischen Tsunami" geben. „Unsere Geschichte könnte einen anderen Verlauf nehmen, und Nigeria würde zu dem Ort werden, den wir alle mit Stolz unser Zuhause nennen können", so der Bischof.
„Nigeria", so Bischof Luka Sylvester zur jüngeren Geschichte des Landes, "kehrte 1999 nach einer langen Periode von Militärregierungen unter der Führung von Generälen, die die Macht durch Putsche an sich gerissen hatten, zu einer demokratischen Regierung zurück. Diese 23 Jahre sind die längste Periode einer zivilen demokratischen Regierung in der Geschichte Nigerias“. "Wir danken Gott für diese Leistung. Und wir sind ebenso froh, dass wir ein neues Wahlgesetz (das Wahlgesetz 2022) haben, das, wenn es bei den Parlamentswahlen 2023 richtig angewendet wird, große Früchte für die Demokratie in Nigeria tragen wird", so der Bischof weiter.
Doch die Ausführungen des Bischofs von Minna werden auch von einer realistischen Sicht der Probleme begleitet, wobei er auf Faktoren des Zerfalls, der Korruption, der Unterdrückung und der Konflikte hinweist, die die Gegenwart und die Zukunft des Landes unterwandern: "Zahlreiche Hindernisse sabotieren weiterhin die Umsetzung einer echten und dauerhaften Demokratie. Nigeria ist durch einen multiethnischen, multireligiösen und multikulturellen Kontext gekennzeichnet, der das soziopolitische ‚Ökosystem‘ des Landes weiterhin beeinflusst“, erklärt Bischof Gopep. "Diese Unterschiede wurden von Politikern und Führungspersönlichkeiten in unserem Land ausgenutzt, die ihre religiösen und stammesbedingten Zugehörigkeiten ausspielten, um Wahlen zu gewinnen oder vielmehr Wahlprozesse zu manipulieren“ bedauert er.
Im Land kommt es in diesem Kontext auch immer wieder zu Gewalt und Unruhen vor dem Hintergrund der Stammeszugehörigkeit von Kandidaten. Angesichts dieses Szenarios "sollten die politischen Parteien eine gerechte Vertretung aller Gruppen in Nigeria anstreben. Nun hat die Kandidatur zweier Muslime als Bewerber für das Präsidentenamt in Nigeria für viel Wirbel gesorgt. Dies wird sich definitiv auf den Wahlprozess und das Ergebnis der Wahlen auswirken, wenn die Regierung und die Nigerianer im Vorfeld keine angemessenen Maßnahmen ergreifen, um eine Eskalation der Konflikte zu verhindern".
Es gibt weitere Grauzonen, die nach Ansicht des Bischofs den Wahlprozess zu sabotieren und zu vereiteln drohen, angefangen bei den zahlreichen Faktoren, die die Sicherheit des zivilen Zusammenlebens bedrohen. „Terrorgruppen wie Boko Haram und die Provinz Islamischer Staat in Westafrika (ISWAP)", so der Bischof, "haben das soziale Leben und die Gemeinschaftsstrukturen im Nordosten und Westen des Landes zerstört. Die bewaffneten Gruppen selbst sowie Banditen, Entführer und Nomadenbanden haben den Bewohnern des zentralen Nordens und einiger Teile des Nordwestens das Leben schwer gemacht, was die Teilnahme an den Wahlen für die Bewohner dieser Gebiete erschweren wird. Einige der Dörfer sind gar nicht zugänglich, da sie vollständig unter der Kontrolle der bewaffneten Gruppen stehen".
„Die Unsicherheit", fügt Bischof Luka Sylvester hinzu, "kann von Politikern, Einzelpersonen und Gruppen, die an der Macht sind, als Instrument benutzt werden, um Wähler zu verängstigen. Die Regierungen der Bundesländer müssen frühzeitig damit beginnen, in den Frieden zwischen den Gemeinschaften zu investieren, insbesondere in Konfliktgebieten, um die Wahlen nicht zu gefährden“. Darüber hinaus "ist es die Pflicht der Bundesregierung und der Nationalversammlung, dringend dafür zu sorgen, dass die notwendigen Mittel für den Wahlprozess zügig verteilt werden", damit die Wahlbehörde INEC „genügend Zeit und Mittel hat, um die notwendigen Materialien an jedes Wahllokal zu verteilen. Dadurch wird sichergestellt, dass auch Gemeinden in abgelegenen und schwer zugänglichen Gebieten an den Wahlen teilnehmen. Darüber hinaus müssen die Behörden Vorschriften erlassen, um sicherzustellen, dass diejenigen, die Straftaten gegen den ordnungsgemäßen Ablauf der Wahlen begehen, von der Polizei verfolgt werden“.
„Nachlässigkeit bei der Umsetzung der Wahlgesetze", erinnert der Bischof von Minna, "hat in den letzten Jahren zu einer alarmierenden Zunahme von Gewalt gegen Wähler, zu Stimmenkauf in den Wahllokalen und Diebstahl von Wahlurnen durch Kriminelle sowie Einschüchterung der Bevölkerung und Manipulation der Wahlergebnisse zugunsten bestimmter Kandidaten geführt“. „Diese bedauerlichen Ereignisse haben viele Menschen abgeschreckt, die sich für Politik interessieren, und die allgemeine Apathie verstärkt", bedauert er. Vor diesem Hintergrund, fügt Bischof Luka Sylvester hinzu, "muss auch die Justiz unabhängig sein und sich bemühen, Fälle transparent und in völliger Übereinstimmung mit der nigerianischen Verfassung und dem Wahlgesetz von 2022 zu behandeln." Der Bischof erinnert auch an die Verantwortung, die die gesamte Wählerschaft trägt. Alle wahlberechtigten nigerianischen Bürger "sind Gott, ihrem Land und ihren eigenen Familien gegenüber verpflichtet, sich registrieren zu lassen, am Wahltag in Massen zu erscheinen und in die Wahllokale zu gehen". Nigeria "gehört nicht den Oligarchen, die seit unzähligen Jahren an der Macht sind. Deshalb", so der Bischof der abschließend versichert: "Wir werden weiterhin Gott um besonderen Beistand bitten. Wir werden uns gegenseitig in die Pflicht nehmen, damit wir mit unserem Beitrag daran mitwirken, das Nigeria unserer Träume zu verwirklichen", für ein Land, „in dem künftige Generationen wachsen und gedeihen können zum Wohle des afrikanischen Kontinents und der gesamten Menschheit".
(AP) (Fides 12/11/2022)


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