ASIEN/INDIEN - Jahrestag der Unabhängigkeit: Christen beklagen Defizit an Demokratie und Freiheit

Freitag, 19 August 2022 religiöse minderheiten  

Neu-Delhi (Fides) - "Die Regierung und die Gesellschaft sind nicht sensibel gegenüber religiösen Minderheiten: Muslime und Christen sind in vielen Bereichen der Entwicklung im Rückstand, da die Armut, die aktuelle Wirtschaftslage und die hohe Arbeitslosigkeit diese Gruppen weiterhin beeinträchtigt. Es ist uns nicht gelungen gegenüber den Regierungen sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene die richtigen Fragen zu stellen und deshalb erleben wir ein Defizit an Demokratie und Freiheit", so der Jesuitenpater Lourduraj Ignasimuthu, Professor für Massenmedien am „Andhra Loyola College“ in Vijayawada im südindischen Bundesstaat Telangana, gegenüber Fides.
Mit Blick auf den 75. Jahrestag der Unabhängigkeit, der in Indien am 15. August begangen wurde, stellte der Jesuit fest, dass das Land vor enormen Herausforderungen steht, und zwar an mehreren Fronten: sozial, politisch, kulturell und wirtschaftlich. "Religiöse Minderheiten wie Christen und Muslime wurden im Laufe der Jahre mehrfach gezielt von Hinduisten angegriffen. In dieser Hinsicht ist der demokratische Prozess äußerst mangelhaft".
Analysten sind sich darin einig, dass die derzeitige "religiöse Polarisierung" in verschiedenen Teilen des Landes auch zu Episoden der Gewalt geführt hat, bei denen Menschen ums Leben kamen.
Laut Walter Fernandes, Direktor des „North Eastern Social Research Centre“ in Guwahati im Bundesstaat Assam (Nordostindien), wurden in den letzten Jahrzehnten "Fortschritte in den Bereichen Wirtschaft, Bildung, Gesundheit und Politik erzielt, während gleichzeitig die Ungleichheiten zunahmen. Demokratische und säkulare Werte erleben Höhen und Tiefen. Ein säkulares und demokratisches Indien muss neu erfunden werden".
Der katholische Laie A. C. Michael, Koordinator des „United Christian Forum“, bemerkt: "Beten wir zum auferstandenen Christus, dass wir ein Land bleiben, das die Freiheit jedes Menschen respektiert, unabhängig von Kaste, Glaube und Religion". "Wir leben in einem ständigen Kampf um die Freiheit von Angst", fügt John Dayal, ein katholischer Journalist und Schriftsteller, hinzu.
Fünfundsiebzig Jahre nach der Unabhängigkeit, zu einem kritischen Zeitpunkt in der Geschichte des Landes, müsse man sich fragen, „wessen Freiheit die wahre ist", so der Jesuit und Menschenrechtsaktivist Pater Cedric Prakash. "Die Freiheit ist in Indien auf allen Ebenen eingeschränkt. Millionen von Indern sind immer noch nicht frei. Das ist die traurige und schmerzliche Realität", sagt er. "Es ist an der Zeit, dass jeder etwas Substanzielles und Sinnvolles tut, um diese ernste und schmerzhafte Realität zu ändern", so Pater Prakash abschließend.
Im nordöstlichen Bundesstaat Arunachal Pradesh nahm Bischof George Pallipparambil an einem Treffen junger Menschen anlässlich des Unabhängigkeitstages teil, der mit dem Nationalen Jugendtag zusammenfiel. "Als Christen müssen wir loyale, produktive und verantwortungsbewusste Bürger sein. Der Aufbau einer Nation ist unsere Aufgabe“, betonte er in seiner Ansprache an die Jugendlichen, „Denkt daran, dass diese Freiheit, die wir heute feiern, ihren Preis hat. Viele haben das höchste Opfer ihres Lebens gebracht. Auch für unser Land zu beten bedeutet, zu seiner Zukunft beizutragen. Lasst uns als Christen alles in unserer Macht Stehende tun, um dauerhafte positive Veränderungen zum Wohle der Gesellschaft, der Kirche und der Nation herbeizuführen“.
(SD-PA) (Fides 19/8/2022)


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