ASIEN/THAILAND - Parlament verschiebt Debatte über Verfassungsänderung: Jugendproteste gehen weiter

Freitag, 25 September 2020 jugendliche   politik   menschenrechte   zivilgesellschaft  

Bangkok (Fides) - Thailand ist von sozialen und politischen Spannungen umgeben, die in besonderer Weise von der jungen Bevölkerung ausgehen und zu neuen staatlichen Strukturen führen und damit die Zukunft des Landes bestimmen könnten. Gestern debattierte das Parlament über sechs Anträge auf eine Verfassungsänderung, die als Reaktion auf Studentenproteste eingebracht wurden, die seit Monaten die Straßen der Hauptstadt und mehrerer anderer Städte prägen. Am vergangenen Samstag, dem 19. September, gingen über zehntausend Demonstranten auf die Straße und es nahmen erstmals auch Parlamentarier der Oppositionsparteien und nicht nur Jugendliche teil. Gestern hat das Parlament die Abstimmung jedoch verschoben: 431 Parlamentarier und Senatoren haben beschlossen, die Abstimmung zu verschieben; woraufhin 255 Vertreter der Opposition den Saal verließen und schlossen sich den Demonstranten an, die sich vor dem Gebäude versammelt hatten. Zu den Anträgen der Parteien der Regierungskoalition gehörte der Vorbehalt im Hinblick auf die ersten beiden Kapitel der Charta (Teil des ersten und des zweiten Kapitels betreffen die Befugnisse und die Rolle der Monarchie), die nicht geändert werden sollen. Die Opposition, angeführt von der Pheu Thai-Partei und Move Forward, fordern stattdessen nicht nur, dass die beiden Kapitel überarbeitet werden, sondern dass über eine Reform des Senats abgestimmt wird, die derzeit nicht gewählt, sondern von der Armee ernannt wird. Unterdessen wurde ein "Ad-hoc-Ausschuss" gebildet, an dem die Abgeordneten der Opposition jedoch nicht teilnehmen wollen: Er besteht aus 31 Parlamentariern - darunter 15 Senatoren -, die den Parteien der Koalition angehören, die die Regierung von Premierminister Prayut Chan-o-Cha unterstützt.
Die Protestbewegung, die bereits 2019 nach den Parlamentswahlen entstand, beschleunigte sich im Februar 2020, als die Future Forward Party aufgrund einer Reihe von rechtlichen Verfahren von der Justiz aufgelöst und ihr Vorsitzender aus dem Parlament ausgeschlossen wurde. Nach einer Art erzwungenen Pause im Zusammenhang mit Covid-19 wurden nach der Lockerung Verbots von Straßenversammlungen erst Mitte Juli die Proteste wieder aufgenommen und gipfelten am 10. August in der öffentlichen Lesung eines Zehn-Punkte-Manifests, in dem der Rücktritt des Premierministers und eine neue Verfassung gefordert wurde. Die Protestbewegung, der sich hauptsächlich junge Menschen anschließen, wendet sich auch gegen die Monarchie, deren Rolle eingeschränkt werden soll, d.h. sie soll nicht mehr in politische Angelegenheiten eingreifen.
Die Anführer Jugendproteste, der sich seit letztem Samstag auch andere Teile der Bevölkerung angeschlossen haben, kommen vorwiegend aus der Thammasat-Universität in Bangkok, und die Bewegung definiert sich gerne allgemein als "Freie Jugendbewegung. Die Regierung hat biseher nur vorsichtig und weitgehend gewaltfrei reagiert: Die gestern ebenfalls eingesetzte Polizei hat nicht direkt eingegriffen. Die Verschiebung der Abstimmung über die Änderungsanträge wird die Bewegung, die bereits Mitte Oktober einen Generalstreik ausgerufen hat, neu beleben.
(MG-PA) (Fides 25/9/2020)


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