ASIEN/LIBANON - Maronitischer Patriarch fordert „Neutralität“ des Libanon im regionalen Kontext

Freitag, 10 Juli 2020 mittlerer osten   ostkirchen   krisengebiete   geopolitik   sektierertum  

Maronite Patriarchate

Beirut (Fides) - Der jüngste Appell des maronitischen Patriarchen Bechara Boutros Rai, die neutrale Position des Libanon in geopolitischen Szenarien des Nahen Ostens international zu unterstützen, löst bei nationalen und regionalen Politikern umgehende Reaktionen aus. Dabei geht es um verschiedene politische und geopolitische Belange, die zum einen die aktuelle politisch-institutionelle Krise betreffen, aber auch das derzeitige Regierungsbündnis und dessen Positionierung auf regionaler und globaler Ebene anbelangen.
Am Sonntag, dem 5. Juli, hatte sich Kardinal Rai in seiner Predigt zur aktuiellen Krise geäußert und unter anderem den libanesischen Präsidenten, den maronitischen Christen Michel Aoun, aufgefordert, die "Inbeschlagnahme" einer "freien nationalen Entscheidung" zu beenden, damit die wirksame Ausübung der nationalen Souveränität gewährleistet werden können. Der Patriarch forderte auch die Vereinten Nationen, die internationale Gemeinschaft und die arabischen Länder auf, die "Neutralität" des Libanon anzuerkennen und zu garantieren.
Mit Bezug auf die Predigt des maronitischen Patriarchen erklärten sich verschiedene Akteure aus der nationalen und regionalen politischen Szene bereit, sich einem neuen "nationalen Pakt" anzuschließen, der auf den Inhalten der Äußerungen des Primas der maronitischen Kirche basiert.
Am Dienstag, den 7. Juli, empfing der Patriarch den saudischen Botschafter im Libanon, Walid el-Bukhari, in seinr Sommerresidenz in Diman. Er dankte dem Kardinal für die in seiner Sonntagspredigt bezüglich der Notwendigkeit, die libanesische Neutralität zu wahren und den Libanon regionalen Konflikten auszuschließen. Am Donnerstag, dem 9. Juli, traf sich der ehemalige libanesische Premierminister Saad Hariri, Vorsitzender der sunnitischen Zukunfts-Partei, ebenfalls mit Patriarch Rai zu Gesprächen, be denen er die Position des Kardinals uneingeschränkt unterstützte. "Der Libanon", so Hariri nach de Treffen mit dem Patriarchen, "zahlt den Preis für regionale Konflikte und jeder weiß warum, aber das bedeutet nicht, dass wir keinen Dialog miteinander aufnehmen können, um aus der Krise herauszukommen." Jede Seite, so Hariri weiter, unter Bezugnahme auf die mit dem Iran verbündete schiitische Hisbollah-Partei, “muss ein Opfer bringen, aber einige mehr als andere”. Der Forderung von Kardinal Rai stimmte auch der libanesische Politiker Samir Geagea zu.
Unterdessen soll auch der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian für nächste Woche im Libanon erwartet, der einen wichtigen finanziellen Beitrag zur Unterstützung der französischsprachigen Schulen im Libanon in Aussicht stellt. US-Außenminister Mike Pompeo bekräftigte in jüngsten Erklärungen zur Libanon-Krise das Engagement der US-Regierung, den Libanon von jeglicher Form der Abhängigkeit vom Iran zu befreien. Der maronitische Patriarch Bechara Rai soll bei einem geplanten Besuch in Rom gehen, seinen Appell zum Schutz der der Neutralität des Libanon auch im Vatikan vorlegen wollen.
(GV) (Fides 10/7/2020)


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